Ein Kapital aus Büchern

■ Aby-Warburg-Stiftung nimmt ihre Arbeit auf

Die wissenschaftliche Wirkung von Aby Warburgs Arbeit kann gar nicht überschätzt werden. Leben und Werk sind aber auch ein gutes Beispiel für die Abhängigkeit von Politik und Geld. Da ist am Beginn die in biblischem Ton gehaltene Legende des Verkaufs des Erstgeburtsrecht an seine vier Brüder gegen die Zusage, immer alle Bücher, die er bräuchte, zu bekommen. Da ist die Tatsache, daß Studien und Aufbau der Bibliothek auch vom Bruder aus New York finanziert wurden, was sich 1933 als politisch günstig erwies, galt die Bibliothek doch deshalb als nicht ohne weiteres angreifbares amerikanisches Eigentum.

Der Zusammenbruch der großbürgerlichen Welt in Krieg und Revolution 1918 befördert den Ausbruch von Warburgs Krankheit. Seine Methoden der Bildanalyse auch im politisch-aktuellen Zusammenhang machten seinen Kreis über die jüdische Abstammung hinaus für die Nationalsozialisten unaushaltbar. Daß die Emissäre des Britischen Museums feststellen konnten, daß ihrer größten Bibliothek der Welt fast ein Drittel der von Warburg gesammelten Bücher fehlte, zeigt nicht nur die Überlegenheit eines individuellen Zugangs, es begründete ein auch politisches Interesse der Engländer, das Institut nach London zu holen.

In Hamburg ermöglichte die herausragende Reputation des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität in den achtziger Jahren die Suche nach den speziell hansestädtischen Wurzeln dieser Disziplin, die besonders der Seminarleiter Professor Martin Warnke seit seinem Amtsantritt vor 14 Jahren beharrlich vorantrieb. 1991 wurde ihm der mit drei Millionen Mark dotierte Leibnitz-Preis verliehen, von dem er erhebliche Summen für die Warburg-Forschung zur Verfügung stellte.

Bisheriger Höhepunkt nicht nur literarischer Bemühungen um die Wiederbelebung Warburgschen Geistes ist der Kauf des ehemaligen Bibliotheksgebäudes in der Heilwigstraße im Juli 1993 für knapp fünf Millionen Mark durch die Stadt und die im September dieses Jahres unter der Federführung von Wissenschaftssenator Leonhard Hajen errichtete „Aby-Warburg-Stiftung“.

Dem Vorstand gehören außer Hajen auch Hans Joachim Kruse, Hans Reimer, Gerhard Schröder, Jan Philipp Reemtsma, Max M. Warburg, Martin Warnke an. Die Stiftung hat von den insgesamt benötigten zehn Millionen Mark bisher schon sechs eingeworben, die Hälfe davon allein von der Familie Reemtsma. Ziel ist es, nach der Einigung mit den noch über längere Verträge verfügenden, gewerblichen Mietern des Hauses, zumindest den elliptischen Lese- und Vortragsraum zu restaurieren und in Teilen mit der ursprünglichen Handbibliothek auszustatten.

Neben der musealen Präsens soll das Haus das Warburg-Archiv und den Index für politische Ikonographie aufnehmen sowie Wohnräume für Gastwissenschaftler. Vision ist ein wie früher der Universität nur lose angliedertes, von den Zinsen des Stiftungskapitals unterhaltenes Zentrum für kulturgeschichtliche Forschung, Symposien und Lehre in der Tradition des Meisters. Die 1933 in Hamburg verbliebenen 150 Bücher zur Astrologie werden zusammen mit der Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde davon unabhängig im Sommer nächsten Jahres im Planetarium wieder ausgestellt. mmmmmmmmmmnmmHajo Schiff