Autofreie Innenstadt bleibt Traum

■ SPD-Fraktion kippt Konzept der SPD-Bausenatorin zur „stadtverträglichen Erschließung der Innenstadt“

1992 sollte sie eigentlich beginnen, die Verkehrsberuhigung in der Innenstadt. Dann sollte es endlich 1993 beginnen mit ein paar „autofreien Samstagen“ in der Vorweihnachtszeit, sozusagen als Experiment. Und als absehbar war, daß es damit nichts wird, sollte es 1994 beginnen, als Probelauf über sechs Wochen, dessen Auswertung dann zu sinnvollen Erkenntnissen führt. Bausenatorin Lemke-Schulte hatte das Hannoveraner Ingenieurbüro Schnüll/Haller mit einem Gutachten beauftragt, das war zu dem Vorschlag gekommen: Die Martinistraße soll auf zwei Fahrspuren reduziert werden, von der Martini-Straße soll man nicht mehr geradeaus durch die Faulenstraße fahren können, um den Durchgangsverkehr abzudrängen. Auch „Am Wall“ soll der Verkehr reduziert werden, der Eingang zur Stadt von der Sögestraße her soll für Fußgänger schöner werden, das Parkhaus Karstadt nur noch über den „AOK-Knoten“/ Knochenhauestraße erreichbar sein.

Am Donnerstag hat die SPD-Fraktion einen dicken roten Strich durch dieses Konzept und damit die „autoarme Innenstadt“ gezogen. „Bei einer nachhaltigen Einschränkung der Zufahrt zur Innenstadt erscheint es fraglich, ob die City noch als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum bestehen kann“, heißt es in dem SPD- Fraktionsbeschluß. Und: „Optimaler Verkehr bedeutet keine Entscheidung für oder gegen den Invidualverkehr...“ im Klartext: Reduzierung des PKW-Verkehrs kommt für die SPD-Fraktion grundsätzlich nicht in Frage.

Was dem Fraktionsausschuß Verkehr unter Fraktions-Vize Reinhard Barsuhn zudem nicht paßt: Wenn der Durchgangsverkehr aus der Martinistraße rausfliegt, um die City zum Fluß hin zu öffnen, kommen mehr Autos in die Neustadt. Die Weser-Brücken aber, so Barsuhn, vertragen nicht mehr Autoverkehr. Und: „Verkehrspolitik muß vom Bürger verstanden werden.“ Reduzierungen des Zugangs zur Innenstadt per PKW werden nicht verstanden, haben die Sozialdemokraten aus ihrer Wahlniederlage in Kassel gelernt. Einig sind die Bremer Sozialdemokraten nur in einem: die Straßenbahn bleibt in der Obernstraße.

Während die Bausenatorin jetzt in die Koalitionsberatung gehen will und auf Ampel-Unterstützung gegen die eigene Fraktion hofft, ist für die Fraktion die Sache gelaufen: Wenn sie sich mit besserer Verkehrslenkung, besserer Kontrolle des wilden Parkens und vor allem besserer Öffentlichkeitsarbeit befasse, sei die Baubehörde bis zur nächsten Wahl voll ausgelastet und habe sich „viel vorgenommen“, findet Barsuhn. K.W.