Synergieeffekte auf dem Exerzierplatz

■ Friedrich-Engels-Kaserne: Gemeinsame Nutzung weiter unklar

Im Juli 1990 war die Welt noch in Ordnung. Wessis machten Urlaub auf Rügen, Ossis quetschten sich in Billig-Flieger nach Mallorca und aus lauter Urlaubsfreude schenkte Ministerpräsident Lothar de Maizière der Humboldt-Universität die Friedrich-Engels-Kaserne in Berlins Mitte. Die Universität platzte damals aus allen Nähten, brauchte eine Universitätsbibliothek und Platz, um neu berufene Professoren unterzubringen. Noch während die letzten NVA- Soldaten ihre Spinde räumten, investierte die Humbold-Universität in den Umbau der 1773 unter Friedrich II. erbauten Kaserne. Doch zum Belegungstermin, dem 1.Oktober 1990, waren die Umbauten nicht fertig. Zwei Tage später war Deutschland vereinigt. Ehemaliges Reichsvermögen wie die Friedrich-Engels-Kaserne fielen damit dem Bund zu. Statt die Schenkung zu bestätigen, hielt Klaus Richter, oberster Verwalter des Bundesvermögens in Berlin, die Hand auf die Kaserne. Das einzige, was der Humboldt-Universität von dem 25.000 Quadratmeter großen Arreal blieb, war das Haus 10 in der Geschwister-Scholl-Straße.

Besseren Draht zum Eigentümer der Kaserne, dem Bundesfinanzministerium, scheint Christoph Stölzl zu haben. Er ist Direktor des Deutschen Historischen Museums, das im Zeughaus Unter den Linden untergebracht ist. Das Gebäude wird ab 1994 renoviert, doch nach einem Notquartier mußte er nicht lange suchen: Die Bundesregierung gab ihren Segen, die 1.000 Kasernenräume während der Renovierung zu nutzen.

Dritter Interessent ist Wolf- Dieter Dube, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, dessen Träger die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist.

In einem Memorandum haben sich Stölzl, Dube und Professor Bernd Hennigsen von der Humboldt-Universität nun auf eine gemeinsame Nutzung geeinigt. In dem Papier heißt es: Die Gebäude gegenüber dem Bode-Museum sollen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz dienen, entlang der Geschwister-Scholl-Straße wird die Humboldt-Universität Hausherr, und die Gebäudespitze im Norden des Dreiecks käme zum Deutschen Historischen Museum. Die Südostecke des Viadukts könnte dann als Standort für einen Neubau der Universitätsbibliothek in Frage kommen.

Am 5.November wurde der gemeinsame Nutzungsplan im Bonner Innenministerium präsentiert. Im wesentlichen wurde er bestätigt, doch der Humboldt-Universität wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht: Im Kasernenhof soll keine Bibliothek gebaut, sondern Container für die Sammlungen des Deutschen Historischen Museums aufgestellt werden. Susann Murgner, Pressesprecherin der Humboldt-Universität, ist enttäuscht: „Alle hatten den Plan ja schon akzeptiert, und nun ist er im letzten Moment geplatzt.“

Ob so, wie im Memorandum vorgesehen, ein „Ort der intellektuellen Begegnung“ entstehen kann, der „Synergie über die Stadtgrenzen hinaus“ trägt, ist fraglich. Nils Klawitter