Laßt Frauen die eigene Stadt planen

■ Bremer Plenum fordert Frauenwettbewerb, runde Tische, Frauenbeiräte und den weiblichen Focus auf die Stadt

„Das größte Problem ist immer noch, daß in der Stadtplanung Bereiche getrennt werden, die im Leben von Frauen nicht zu trennen sind“, resümierte Sabine Klein- Schonnefeld/ Uni Bremen und eröffnete das Abschlußplenum des Bremer Workshops „Frauen im Stadtquartier“. Rund 70 Frauen - Planerinnen, Architektinnen und Verwaltungsfachkräfte - und eine Handvoll Männer hatten zuvor in Arbeitsgruppen die Themenbereiche Freizeit, Arbeit, Versorgung und Verkehr diskutiert und formulierten anschließend gemeinsam ihre Forderungen an die Bremer Stadtplanenden.

Haben Frauen überhaupt freie Zeit? Kulturhäuser, Saunen, aber auch Kinderbetreuung, Spielräume und Mittagstische wünschen sich die Frauen dezentral und wohnungsnah. Die unterschiedlichen Erwerbssituationen von Frauen erfordern entsprechend flexible Wohngrundrisse, so die Gruppe Arbeit. Wenn es um die Versorgung geht, sollten Frauen beim Einkaufen wie beim Arztbesuch wählen können. Und immer wieder war die Rede von der Stadt der kurzen Wege, was die Arbeitsgruppe Verkehr in den Aufruf „Wege vermeiden!“ ummünzte. Neben der Verbannung von Autos und Parkplätzen, dem Ausbau von Radwege- und ÖPNV- Netz wurde auch eine „Mitgehvermittlung“ vorgeschlagen.

Wie aber können die Frauen- Forderungen in Stadtplanungsprozesse integriert werden? Karin Striefler, die Gleichstellungsbeauftragte des Kommunalverbandes Hannover, referierte ihr letztes Projekt: „Frauen gewinnen Bewegungsfreiheit“. Die Frauen des Hannoveraner Stadtteil Linden trafen sich zu einer Bürgerinnen- Werkstatt, trugen die Schwachstellen ihres Wohnumfeldes zusammen und erarbeiteten Verbesserungsvorschläge. Die Ergebnisse sind nun dokumentiert in einem Video, einer Ausstellung und der Studienarbeit „Stadtbegleiterin“. Außerdem hat sich ein Arbeitskreis Verkehrsplanung in Linden aus Frauensicht gebildet. „Wie es mit solchen Ideen weitergehen wird, ist allerdings noch ganz unklar“, bedauerte auch Karin Striefler. „Die Aktionen der Bürgerinnen-Werkstatt müssen in bezahlte Arbeit übergehen.“

Mehr Beteiligung von Frauen also an den Bremer Entscheidungsprozessen, war sich das Workshopsplenum einig. Ein Planungswettbewerb von und mit Frauen für Frauen wurde angeregt, Gesamtfrauenbeiräte in den Stadtteilen kamen ins Gespräch. Und die planenden Ressorts im Bremer Senat sollten zu Halbzeitbilanzen verpflichtet werden. Das bereits beantragte Projekt „ressortübergreifene Bereichsentwicklungsplanung“ mußte eine erste Niederlage im Senat hinnehmen, berichtete Stadtentwicklungssenator Ralf Fücks. Es steht oder fällt nun mit den Haushaltsberatungen für 1994. Fücks weiter: „Auch ich bin für mehr Frauenbeteiligung ,von unten' und die Anhörung von Expertinnen in Workshops wie diesem. Frauengerechtere Stadtplanung heißt ja auch menschengerechtere Stadtplanung, die auch Kindern, älteren Menschen und sogar Männern zugute kommt.“

sip