Winzige Riesen

■ „Neue Bilder“ von Peter Reitberger im Kunstprojekt

Er spricht gern, er spricht schnell, er spricht gut. Mit dem ungeduldigen Eifer eines Künstlers, den man in seinem Atelier besucht, führt er den Besucher durch die vier kleinen Ausstellungsräume seiner Galerie, erklärt, umschreibt, präsentiert und verrät, was seine Branchenvettern wohlweislich verheimlichen: den eigenen Geschmack. Die Rede ist vom jungen Inhaber der Galerie Kunstprojekt im Karoviertel, Niels Schönholtz.

Die fast wohnlichen Dimensionen der Galerie, die unvermeidliche Nähe zu den Bildern und der Stolz des Galeristen auf seine Exponate ergeben zusammen eine Intimität, die in diesem Kontext ungewohnt ist und ein bißchen hilflos macht: Man hat sich ja schon so an den Kniefall vor dem Altar „Kunst“ gewöhnt, daß man irritiert ist, wenn einer nicht die üblichen Gebetsformeln psalmodiert. Schönholtz versucht, bei allem Respekt für den Mainstream und seine kurzlebigen Konklusionen, etwas schlicht und ergreifend Naheliegendes, nämlich vernünftig zu bleiben. Seine Vorliebe gilt dem Tafelbild, der Ölmalerei, und sein Interesse den Künstlern in Hamburg. Sein Anliegen ist, sie nicht nur zu zeigen, sondern auch glaubwürdig zu vertreten.

Kunst als ein adressierter Prozeß des Machens, Entdeckens und der Vermittlung. Dazu gehören auch Preise, die einerseits das wirtschaftliche Überleben der an diesem Prozeß Beteiligten sichern und andererseits nicht nur für den erschwinglich sind, der das Foyer seiner Versicherungsgesellschaft dekorieren will.

Ab diesem Donnerstag beinhaltet die Galerie auch wieder eine Ausstellung, Peter Reitbergers Neue Bilder. Neu sind seine Bilder in doppelter Hinsicht: Einmal, weil es seine jüngsten Bilder, aber auch, weil es die ersten großformatigen sind. Bekannt geworden ist Peter Reitberger mit Arbeiten auf Papier. Die neuen Bilder, Öl auf Leinwand, 1,60 mal 1,35 Meter, beeindrucken durch ihr sensibles Gleichgewicht von Strenge und Spontaneität.

Dick aufgetragene Farbschichten, meistens aus zwei Ausgangsfarben bestehend, durchdringen einander zögernd wie zwei Flüsse, die zusammenströmen, Strudel bilden, sich mischen und entmischen. Es kommt der Wunsch auf, einzugreifen, mitzumischen; so wie als Kind, als man an keinem Bach vorbeigehen konnte, ohne ihn mit einem schnell errichteten Damm zu stauen. Überhaupt erinnern die reliefartigen Farbmodellierungen an die Kindheit und ihre animistische Wahrnehmung: an die Wolken, die sich plötzlich am blauen Himmel bilden, und erst aussehen wie ein winziger Riese, dann wie ein riesiger Zwerg und am Schluss wie ein Kaninchen, das an einer Möhre knabbert. Schöne Bilder, es lohnt sich hinzugehen!

Daniel Rau

Vernissage: 18. November, 20 Uhr, Turnerstr.7