„Miteinander spielen“

■ Busspur in der Straße Unter den Linden eröffnet / Busse gegen Radler

Gestern morgen nach der Dämmerung Unter den Linden: Der fröstelnde Tiefbauamtsleiter des Bezirks Mitte eröffnet die neue Busspur – ein Ereignis für Hartgesottene. Fünf Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und acht Menschen des Fußgängerschutzvereins warten auf ihren Einsatz. Kurz nach der Einweihung skandieren sie: „Berlin braucht viele Busspuren, aber keine Hasen.“ Die vorbeieilenden Passanten schütteln die Köpfe. Sie scheinen das feinsinnige Wortspiel nicht zu verstehen.

„Busspur ist gut“ – eigentlich wollten sich gestern morgen alle einig sein, doch Axel von Blomberg, Vorsitzender des ADFC, hatte terminologische Einwände: „Busspur ist eine falsche Bezeichnung, denn es handelt sich um einen Mehrzweckstreifen.“ Tatsächlich ist der Sonderfahrstreifen Bussen, Taxis, Radfahrern und Rettungsfahrzeugen vorbehalten. Noch am Morgen schienen sich alle Nutzer auf die gemeinsame Spur zu freuen: Die Busfahrer grüßten die paar Demonstranten, Taxifahrer winkten, und Axel von Blomberg frohlockte: „Wir werden auf der Spur miteinander spielen und jonglieren.“ Der Schein trog. Niemand spielt. Seit gestern morgen wird gedrängelt und gehupt, es wird gekämpft um die Vorherrschaft auf dem rechten Fahrstreifen Unter den Linden.

Für die Radfahrer geht es um viel. Die Busspur am Ku'damm müssen sie immer wieder unter Lebensgefahr verlassen – hier wildern Mantas und GTIs. Für die Busfahrer geht es immer um dasselbe: Mit den Radfahrern wollen sie nicht zusammenleben. „Die führen sich auf, als ob das ihr Revier ist“, sagt ein junger Busfahrer. Gerade muß er die Busspur an der Karl-Liebknecht-Straße verlassen, da ein- und ausladende LkWs sie zugeparkt haben. „Radfahrer sind das Schlimmste, was es gibt“, grummelt ein älterer Kollege kurz vor dem Brandenburger Tor. An der Ampel staut sich der Verkehr auf der Busspur, weil acht Autofahrer sie ignorieren. Doch der BVG-Beamte zürnt über eine junge Radfahrerin: „Da, jetzt fährt die hier rechts vorbei.“

Durch die Sonderspuren haben Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel gegenüber Autofahrern einen klaren Zeitvorteil. Als Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) vor kurzem auf Druck der SPD ankündigte, 100 Kilometer neuer Sonderspuren zu schaffen, schaltete sich der ADAC in die Diskussion ein: Eberhard Waldau, Vorstandsmitglied im ADAC Berlin-Brandenburg, sprach sich dafür aus, auch den Wirtschaftsverkehr auf Busspuren zuzulassen. Außerdem solle das Radfahren darauf untersagt werden. Nils Klawitter