Hamburgs Best Boys

■ Die Nationalgalerie morgen in der Großen Freiheit

Vier Hamburger auf dem Weg nach oben. Als Nils Frevert, Dirk Müller, Matthias Krieg und Dinesh Ketelsen sich im Jahre 1986 unter dem Namen Nationalgalerie zusammenfanden, um zu Punkgeschrammel gegen das Establish-ment anzusingen, wußten sie vermutlich noch nicht, was aus ihnen einmal werden sollte.

Heute wissen die vier es umso mehr: „Wir sind eine der eigenständigsten und unabhängigsten Bands in diesem Land“, sagt Sänger und Texter Nils ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Derartige Pauschalaussagen sind schade: Der für die neue Musikergeneration typische Eigenständigkeits- und Progressionswahn hat leider schon für viele den Weg in den künstlerischen Abgrund geebnet. So weit ist es bei diesem freundlichen Quartett allerdings noch lange nicht, denn man befindet sich auf dem aufsteigenden Ast.

Die Tatsache, daß deutsche Texte trendy und zugleich auch nachteilig, zumindest im internationalen Kontext, sind, ist für diese Band nur von marginaler Bedeutung. Aus der weinerlichen Diskussion artverwandter Combos über die Benachteiligung deutschsprachiger Popmusik hält sich die Nationalgalerie weitestgehend heraus: „Ich würde da nicht jammern, sondern was dagegen tun“, äußert sich Schlagzeuger Dirk. Ebenso distanziert man sich von Rockkatastrophen teutonischer Machart, die größtenteils nicht unbeteiligt daran waren, Deutsch-Rock nicht nur außerhalb des Landes in Verruf zu bringen. Viel lieber sind sie eine Art Einzelgänger ohne spezifische Szenezugehörigkeit.

Dennoch haben sie anscheinend Feinde: Puristen, die aus dem ideologischen Kerker der politischen Korrektheit heraus der Gruppe hinterherpöbeln, sie hätten sich durch ihren Deal mit Sony ausverkauft, wecken bei den sonst eher bedachten Buben ein wutverwandtes Gefühl. „Die Presse hatte nie Probleme, wenn beispielsweise Sonic Youth zum Major geht.“ Die Entscheidung sich mit der Industrie einzulassen, kommt nicht ohne weiteres einem Teufelspakt gleich. Für den, der seine Seele behält, kann es bei Multis gewiß recht gemütlich werden. Nicht zuletzt wegen der finanziellen Rückendeckung, die bei aufstrebenden Twens dieser Art den nötigen Freiraum schafft. Für den Aufwand, der nötig ist, um ihre neue CD Indiana klingen zu lassen, wie sie gemeint ist, brauchen sie halt „ein bißchen Geld.“ Jan Christoph Wolter

Morgen, Große Freiheit, 22 Uhr