Privatschulen drohen mit Verfassungsklage

■ Freie Träger durch Kürzungen der Bildungsbehörde in ihrer Existenz gefährdet

Die Träger der Privatschulen in Bremen drohen dem Bildungssenator mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Behörde plant, von insgesamt 20 Millionen Mark Subventionen für die Privatschulen 2,5 Millionen Mark zu streichen. „Wenn das nicht zurückgenommen wird, werden wir eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einreichen“, erklärte am Dienstag Dr. Rüdiger Jach vom Zentrum für europäische Rechtspolitik.

Mit der neuen Kürzung (“Die sechste in 15 Jahren“, sagt Henning Illemann, Geschäftsführer der Freien Waldorfschule), würden die Privatschulen in ihrer Existenz gefährdet, und das dürfe die Behörde nicht riskieren: „Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1987 muß der Staat freie Schulen nicht nur dulden, sondern er hat eine Schutz- und Förderungspflicht“, sagt Jurist Jach. „Dieses Urteil droht in Bremen in eklatanter Weise verletzt zu werden.“

In Bremer Privatschulen werden rund 5.000 Kinder unterrichtet, das sind etwa acht Prozent aller schulpflichtigen Kinder. Dabei „produzieren“ die Privatschulen billiger als die staatlichen: Die Betriebskosten für einen Platz in der Freien Waldorfschule belaufen sich beispielsweise auf durchschnittlich 6.954 Mark pro Jahr, das Land subventioniert mit 4.425 Mark, in staatlichen Bremer Schulen belaufen sich die Kosten dagegen auf 12.632 Mark.

„Wenn jetzt noch einmal 15 Prozent bei den Subventionen eingespart werden, können wir das nicht mehr mit Gebühren auffangen“, sagt Illemann. Die Folge: Die privaten Träger müßten Schulen dicht machen. Und das treffe nicht nur die Kinder reicher Eltern: „In den staatlichen Schulen ist die soziale Selektivität größer als in Privatschulen“, sagt Rolf Rempe, Vorstandsmitglied der Freien Waldorfschule.

Hinter den geplanten Kürzungen stecke die Strategie, den privaten Schulen heimlich das Wasser abzugraben, vermutet Propst Klaus Plate vom Katholischen Gemeindeverband. Die Bildungsbehörde wolle sich mit diesen Einsparungen einen harten Konkurrenten vom Hals schaffen. Der Bankrott der Privatschulen habe „eine Uniformität zur Folge, die ans Totalitäre grenzt“, sagte Plate. Und ausgerechnet treffe der Hammer der Behörden die freien Schulträger in einer Zeit, in der über Schulvielfalt diskutiert werde: „Bei den Kindertagesheimen werden die freien Träger gefördet wie nie, weil der Staat die Plätze braucht. Bei den Schulen aber werden wir aus ideologischen Gründen abgewürgt“, sagt Wilhelm Tacke, Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim katholischen Gemeindeverband in Bremen.

Oberschulrätin Ursula Helmke rechtfertigte gestern die noch zu beschließende Sparquote bei den freien Schulen. „Wir müssen auch bei unseren Schulen 15 Prozent einsparen, um auf den Bundesstandard zu kommen.“

Die privaten Träger hätten sich 1989 bereit erklärt, daß die Förderung sich an einer Grundsumme pro Jahr entsprechend der Gehaltsstufe A 13 orientiere. „Jetzt steigt es nicht mehr, sondern wird weniger. Die Abmachung gilt aber für die guten wie für die schlechten Tage, und jetzt kommen eben die schlechten Tage.“

Die Bildungsbehörde will die Kürzung bei den Privatschulen in einem Dreierpack verabschieden. Zu den 2,5 Mio. Mark sollen außerdem 900.000 Mark bei der Einschränkung der Lehr- und Lernmittelfreiheit und 165.000 Mark bei den Bundesausbildungszuschüssen, eine Art Azubi-Bafög, eingespart werden. Als Entgegenkommen bietet die Behörde eine Staffelung der Kürzungen an: 1,35 Millionen im ersten Jahr, der Rest im darauffolgenden. „Das die Privatschulen in ihrer Existens bedroht sind, kann ich nicht sehen“, sagt die Oberschulrätin. „Uns gegenüber haben sie ihre Bilanzen noch nicht offengelegt.“

Die privaten Träger pochen auf Grundgesetz und Landesvefasung, Oberschulrätin Helmke glaubt, daß Privatschulen in Flächenstaaten besser aufgehoben sind. „Hier im Stadtstaat ist das staatliche Schulsystem so dicht, daß wir die privaten Schulen eigentlich nicht bräuchten.“

mad