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: Benz, Pudel, Traumschiff

„Nicht von schlechten Eltern“, Montag, 18.55 Uhr, ARD

Ehrenwort! Auf die Requisiten von Radio Bremen hat die Medien-Redaktion keinerlei Einfluß, selbst wenn sie so wohlgefällig ins dramaturgische Licht gerückt werden wie in dieser gereiften Pennäler-Serie. Da schreibt doch glatt die aufgetakelte Julia als Aufsatz den taz- Leitartikel ab – im „Wortlaut“, wie die gleichfalls taz-lesende Lehrerin klagt. [Zahlt sie denn auch den „Politischen Preis“? die Red.] Dafür blättert der alte Betonkopf des Lehrkörpers die rechte Lokal-Postille auf.

Beherzt impft Regisseur und Autor Rainer Boldt sein braves Mittelstandsidyll (Benz, Pudel, Schwiegermutter) mit angelsächsisch-respektloser Ironie. Verkleidet als Familienprogramm, inszenierte er ein antiautoritäres Undercover-Projekt zur geistig- moralischen Wende. Gewissermaßen das unscheinbar engagierte Ärmel-Hochkrempeln mit Scharping.

Pädagogisch wertvoll: Die Junior-Helden der Story definieren sich nicht über Konsum-Statussymbole, sondern, wie Felix, über intellektuellen Durchblick beim G-7-Schuldengipfel. Die starken Macker der Achtziger werden in rosaroten US-Cabrios sitzengelassen (Hardy Krüger jr. als Muskel-Lümmel); sogar die niedliche Tina „Manta“ Ruland mimt seriös einen um zehn Jahre jüngeren Teenager. Die boulevardeske Dienstmützen-Suchaktion des Käpt'n-Papas wird clever genutzt, um dabei die Eitelkeiten unterschiedlichster Charaktere zu testen. Wie die Fäden eines roten Tuchs (ganz unpolitisch gemeint) durchziehen schalkhafte Ego-Power-Spielchen das Geschehen, ohne es zu umgarnen. Das Strickmuster ähnelt oft eher US-sitcoms als dem heiligen Gefühlsernst üblicher deutscher Serienkost. Boldt treibt jedoch nie die Situation platt auf die Spitze, sondern spielt sie vieldeutig an und rundet das Ganze mit lakonisch-coolen Bonmots ab – very british.

„Sind wir auf'm Traumschiff oder was“, grollt ein kauziger sidekick-Kommandant, der aussieht, als käme er geradewegs vom Holzfäller-Camp. Inmitten der Idylle lauert das gemütliche, lebensfrohe Chaos – Zucker für die lustvoll auf echt ernst machenden Akteure. Damit gelang Radio Bremen die erste Komödie, Sorte „Sozi light“ – bodenständig, launenhaft, mit etwas Sendungsbewußtsein, Solidarität, manchen Selbstzweifeln, viel Alltagswitz und schließlich gar einem richtig schön gefilmten Marine-Orchester. Dieter Deul