Wer da bauet an den Straßen...

■ Friedrich Rebers, Sparkassenvorstand und Erbonkel der Kulturszene, über Geld, Kunst und Harmonie

Man nennt ihn schon mal den zweiten Kultursenator, da er doch eine Menge Geld zu verteilen und eine Menge Kontakte zu mobilisieren hat. Umstritten ist er aus beiden Gründen nur hinter den Kulissen: Friedrich Rebers, Vorstandsmitglied der hiesigen Sparkasse, ist nun einmal der Herr der Überschüsse, welche die Sparkasse erwirtschaftet. Satzungsgemäß legt er sie für gemeinnützige Belange an und zugleich durchaus in seinem Sinne.

Herr Rebers, können Sie noch aufzählen, in wievielen Vereinen Sie maßgeblich wirken?

Friedrich Rebers: Schwierig. Dreißig vielleicht, darunter natürlich eine ganze Anzahl von Ehrenämtern in Fördervereinen und solche Sachen.

Um wieviel Geld geht es da insgesamt? Über welche Summen haben Sie mitzureden?

Es werden wohl an die zwanzig Millionen sein, die das bremische Bürgertum da für die verschiedensten Zwecke erübrigt. Alles ohne den Staat; das hat ja hier eine gewisse Tradition, die wohl einmalig ist in Deutschland. Allein der Bürgerparkverein hat einen Haushalt von sechs Millionen, der erst einmal aufgebracht werden muß. Dazu muß man natürlich noch bedenken, wie schwer es selbst für mich oft ist, an das Geld anderer Leute zu kommen.

Und wieviel gibt die Sparkasse selber für die Kulturförderung aus?

Drei Millionen ungefähr. Oft reichen ja schon einige tausend Mark, um etwas zu ermöglichen.

Die Böttcherstraße haben Sie da aber nicht mitgerechnet.

Nein, das waren dreißig Millionen extra.

Erst sieben, dann vierzehn, jetzt dreißig?

Ja, da waren die Fundamente ja viel schlechter, als wir dachten.

Sie haben den Beschluß, die Böttcherstraße zu kaufen und zu sanieren, an Ihrem Vorstand vorbei lanciert.

Das ist inzwischen ausgestanden. Was allerdings in der Öffentlichkeit noch immer kritisiert wird, das sind Sachen wie etwa die Teerhofbrücke. Aber so geht es einem immer, wenn man baut. Hinterher hat man es ja immer leicht. Ich halte es mit dem Spruch: Wer da bauet an den Straßen, muß die Leute reden lassen.

Man wirft der Sparkasse gelegentlich auch vor, daß sie vor allem die Kultur des Großbürgertums fördert.

Ja. Das hängt schon auch an meiner Person. Wir haben im Vorstand zwei Richtungen: Der Kollege Dr. Frick, der ist sehr für die moderne Kunst, und ich überhaupt nicht. Da haben wir natürlich oft was zum Streiten; er nennt mich einen Banausen, nur weil ich Bilder hab, die man einordnen kann. „Postkartenmalerei“, sagt er dazu. Ich will mich aber an der Kunst erfreuen und nicht tagelang darüber nachdenken, was sich ein einziger Mensch wohl dabei gedacht haben mag.

Als Gegner unseres Stadttheaters haben Sie auch einen gewissen Ruf.

Ja, das kann ich nicht leiden, da war ich vor zwanzig Jahren zum letzten Mal. Ich fand's zum Kotzen, wie die da nackend auf der Bühne herumhopsten.

Das klingt, als wollten Sie's gleich zumachen.

Nein, aber es müßten mal vernünftige Leute hin.

Kehren wir zurück zum Geld: Es fließt, wenn man's zusammenzählt, ein ganz schönes Sümmchen durch Ihre Finger. Hätten Sie sich das als Junge träumen lassen?

Nein, auf gar keinen Fall. Mein Vater war Arbeiter, wir waren acht Geschwister, und ich war der älteste. Als mein Bruder geboren werden sollte, bin ich zu meiner Großmutter nach Oslebshausen gekommen; da war ich erst ein Jahr alt. Naja, bei meiner Oma, da gab's 83 Mark Kriegerwitwenrente. Und eines Tages, 1944, da sagte meine Oma: Junge, jetzt hast du Mittlere Reife, mehr ist nicht, jetzt mußt du Geld verdienen. Und da meinte sie, ich sei ja so genau in der Arbeit, ich sei bestimmt gut untergebracht bei der Post, wo's eine gute Pension gab, oder bei der Sparkasse, wo sie immer so schöne dunkelblaue Anzüge anhatten. Naja, ich hab mich dann beworben, so wie Oma das meinte, und die Sparkasse hat zuerst reagiert.

Und dann ging's gleich aufwärts?

Nein, da waren erst mal 500 Angestellte, und ich dachte mir: Mein Gott, wie willst du da bloß mal vorwärtskommen, wo so viele Erbsen in einem Topf sind, und eine gleicht der andern. Du mußt dich also ganz besonders bemühen und eisern deine Pflicht tun und mehr als das. Das hab ich gemacht. Und das Arbeiten, das hatte ich ja vorher schon gelernt. Bei meiner Oma im Haus und im Garten, da hab ich schon als Zehnjähriger alles machen müssen, Wände streichen, Erbsen pflanzen, Bohnen pflanzen, alles. Da gab's mal 'ne Stunde Freizeit, das war's, dann sagte Oma: Komm, du mußt noch Kaninchenfutter suchen, und der Hühnerstall muß noch saubergemacht werden.

Und jetzt haben Sie Ihre Sparkasse.

Ja, ich fühle mich noch heute nur wohl, auch am Wochenende, wenn ich von morgens bis abends arbeiten kann. Im Garten wühlen, am Schreibtisch sitzen. Auch Schuhe putzen und was alles dazugehört. Da sagt meine Frau immer: Das kann ich doch machen. Nee, sag ich, das kannst du nicht. So wie ich das gelernt habe, so genau, das kannst du nicht.

Was sagt überhaupt ihre Frau, wenn Sie immer nur arbeiten?

Ach, die hat sich im Lauf der Jahre daran gewöhnen müssen. Ich hab immer gesagt: Du bist für die Familie und für die Kinder zuständig, und ich hab die Sparkasse und meine Ehrenämter.

Hätten Sie sich's schöner vorstellen können?

Auf gar keinen Fall. Selbst wenn meine Frau manchmal sagt: Mensch, was hast du eigentlich vom Leben! Aber das ist mein Leben. Jeden Sonntag freu ich mich schon auf den Montag. Neue Aktivitäten, neues Erleben, neuer Kampf.

Und neue Bittsteller. Wieviele kommen pro Woche?

Na, so drei oder vier im Schnitt. Meistens sind das Leute, die haben schon was beisammen, sagen wir 30.000 Mark von der Firma XY; und wenn da noch 8.000 Mark fehlen, und es ist eine gute Sache, dann sagen wir schon mal: Na, dann lauf du mal weiter so, dann übernehmen wir ein paar tausend. Wenn man das auf viele Schultern verteilen kann, dann geht das oft schnell. Als die zum Beispiel damals das alte Schiff unterm Scandic Crown ausgegraben haben, da war ich entsetzt. Wieso konnten die das nicht weitere zweitausend Jahre da liegen lassen? Das wird teuer, dachte ich, das kommt bestimmt wieder auf mich zu. Und schon waren sie da. 120.000 Mark fehlten noch. Nun ja, da hab ich 120 Briefe geschrieben an 120 Firmen mit der Erwartung, daß jeder tausend Mark überweist. 60.000 waren innerhalb einer Woche da, bei den andern haben wir eben nachbohren müssen. Solche Aktionen gehen natürlich nicht jeden Tag, aber es kann auch nicht alles die Sparkasse machen.

Wäre von der Unternehmerschaft noch mehr Geld zu holen, wenn man's nur geschickt anstellt?

Kaum. Wir merken ja auch schon, daß es eng wird. Wenn ich heute meine 500 Firmen anschreibe wegen der Bürgerparkkonzerte, dann nehmen die oft nur noch 10 Karten statt früher 50.

Sie gehen ja bald in den Ruhestand. Stünden Sie dann als Kultursenator zur Verfügung?

Ach, da bin ich schon viel zu alt. Und manchmal frag ich mich, ob die in ihren Behörden überhaupt noch viel zu sagen haben.

Sie werden doch wohl die Freizeit nicht nützen, um mal wieder ins Theater zu gehen.

Wohl kaum.

Kommt es überhaupt vor, daß Sie in Sachen Kultur auch mal als Endverbraucher in Erscheinung treten? Gehen Sie ins Kino oder sonstwohin?

Wissen sie, ich kriege ja unzählige Einladungen. Aber mein Arbeitstag dauert fünfzehn, sechzehn Stunden

Wahrscheinlich könnten Sie als alter Aktivist auch gar nicht drei Stunden lang stillsitzen.

O ja, da haben Sie recht. Fragen: Manfred Dworschak