Veiße Veihnacht

■ 25mal werden wir noch wach, dann ist endlich "Viva"-Nacht

Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird. Denn euch wird nächsten Monat ein neuer Spartensender geboren, welcher da heißet Viva!

Wenn es nach Dieter Gorny geht, wird die Heilige Nacht 1993 nicht besonders still ausfallen: Der Kölner Musikkanal Viva soll noch in diesem Jahr zu Weihnachten auf Sendung gehen. Das verkündigte Gorny, Chef der Kölner Musikmesse PopKomm und seit einem knappen Monat Geschäftsführer des neuen Spartenprogramms, bei einer Pressekonferenz in Köln, auf der – wie alle Jahre wieder – der Sendestart von Viva bekanntgegeben wurde. Der Auftakt des Senders, dessen Schwerpunkt (anders als bei Konkurrent MTV) auf deutscher Popmusik liegt, ist seit August diesen Jahres immer wieder verschoben worden.

Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden den Sender 24stündige Nonstop-Videoclip-Berieselung betreibend und von Köln-Ossendorf aus sendend. In Studios des Privatsenders Vox, mit dem Viva einen Dienstleistervertrag abgeschlossen hat, sollen noch Ende diesen Jahres bis zu 80 Mitarbeiter ein Musikprogramm machen, in dem „nationales Produkt“ (so heißt deutscher Pop in der Sprache der Musikbranche) 40 Prozent des gesamten Repertoires ausmacht.

Teilhaber sind die Musik-Multis Warner, Sony, Thorn EMI, PolyGram und der Unternehmer Frank Otto, die jeweils 19,8 Prozent an dem Musiksender halten, sowie die Viva Medien GmbH, ein Zusammenschluß von deutschen TV- und Video-Produzenten, die gemeinsam mit einem Prozent beteiligt sind. Laut Gesellschaftervertrag, in dem sich die Teilhaber verpflichten, für vier Jahre die Finanzierung von Viva sicherzustellen, wird der Sender einen Jahresetat von 35 Millionen Mark haben. Damit haben die vier Musikkonzerne, für deren Platten Viva eine Nonstop-Werbesendung sein wird, dem Sender eine Summe bewilligt, die dem Etat eines kleinen Privat- Radiosenders entspricht.

Süßer die Kassen nie klingeln. wird es nicht nur bei den beteiligten Musikkonzernen heißen. Gerne weist Dieter Gorny darauf hin, daß der Sender gerade für die werbetreibende Industrie interessant sei, weil man durch Viva die heikle, aber finanziell gut ausgestattete Zielgruppe der 14- bis 29jährigen erreichen würde. Ihr Kinderlein kommet gilt allerdings nicht bloß für das anvisierte Publikum; von den Video-Jockeys, die Gorny bei der Pressekonferenz vorstellte, macht einer gerade die mittlere Reife, die Älteste ist die 22jährige ehemalige Prinz-Redakteurin Heike Makatsch.

Über den Satelliten Eutelsat wird Viva vom Himmel hoch herkommen, im Kabel soll es den Platz des abgewickelten Kanals Eins Plus einnehmen. Bloß in Berlin könnte am Heiligabend auf der Mattscheibe leise der Schnee rieseln, während der Rest der Republik schon mit Viva froh und munter ist: Die Landesmedienanstalt der Hauptstadt hat noch nicht darüber entschieden, ob Viva ins Kabelnetz eingespeist wird. Tilman Baumgärtel