■ Rosi Rolands wahre Geschichten
: Am Hl. Sonntag in Klausur

Der große CDU- interne Machtkampf war angesagt am vergangenen Wochenende: Die Fraktion wollte ihre Vorsitzenden für die zweite Hälfte der Legioslaturperiode nicht en passant auf einer normalen Fraktionssitzung wählen, wie das üblich ist. Kurzfristig wurden die Fraktionsmitglieder am heiligen Sonntag zur Gottesdienstzeit zur Klausur nach Visselhövede geladen.

Diskutiert wurde auf dem Treffen wie üblich nicht, offen ins Gesicht sagt man sich nicht die Meinung. Kritik gab es infolgedessen auch nicht. Um so mehr Selbstbeherrschung verlangte das Ergebnis der geheimen Abstimmung über die neue Fraktionsspitze: Nicht Nur Kudella kam mit 17 von 30 möglichen Stimmen nur mit schleifenden Rockschößen über die Hürde, auch der Neumann- Intimus Pflugradt erhielt nur 17, Motschmann immerhin 17, Schrörs nur 16, Reinhard Metz hatte in dieser Konkurrenz sogar die Nase knapp vorn. Gewinner nach Punkten: Michael Teiser aus Bremerhaven mit 24 Stimmen.

Daß sowas in keiner weise üblich ist, zeigt ein Blick auf das Kudella-Ergebnis von 1991: Stolze 27 Stimmen von 32 hatte er bei seiner ersten Wahl erhalten. Daß auch absolute treues Neumann-Wachpersonal wie Pflugradt nicht mehr Stimmen bekommen hat, zeigt, daß es kaum noch eine Mitte in der Bremer CDU gibt.

Wie sowas kommt? „Wie ein Diktator“ regiere der Vorsitzende von Ferne, sagt man hinter seinem Rücken, „mit Angst und Schrecken“. Wer in der Bremer CDU seine politische Karriere fortsetzen will, muß mitspielen.

Desillusioniert von der inneren Härte der politischen Kultur in der CDU ist auch der Bürgermeister-Kandidat Ulrich Nölle. Im Bürgerschaftspräsidium darf er repräsentieren - aber ob er wirklich mit diesem Haufen regieren will, das läßt er tunlichst offen. Niemand in der CDU-Fraktion vermag zu sagen, ob der eigene Spitzenkandidat denn Senator werden möchte und wenn ja, welches Ressort ihm zusagen würde. Daß er sich in einem bestimmten Bereich fachkompetent machen und wenigstens insofern darauf vorbereiten würde, ist nicht erkennbar.

Rosi Roland