Sparen bei Behinderten

■ Nur 15 Mal ausgehen im Monat genehmigt der „Sparhaushalt ,94“

„Ständig muß ich Fremde um Hilfe bitten, ständig mich bedanken, das ist eine große Belastung.“ Andrea Hamann, Rollstuhlfahrerin, kommt in die meisten öffentlichen Gebäude nicht hinein. Nicht nur Kindergärten und Schulen mit breiten Treppenaufgängen machen der Mutter zweier Kinder den Alltag schwer, auch Kaufhäuser und Ladenpassagen bleiben ihr verschlossen. Da aber beim Bau zahlreicher Häuser und Freizeiteinrichtungen niemand an die Körperbehinderten gedacht hat, müssen die Gebäude nun umgebaut werden – mit viel Geld. 1981 machte Hannover zum ersten Mal 400.000 Mark locker, um ihre öffentlichen Bauten mit Fahrstühlen, Rampen und behindertengerechten Toiletten auszustatten. 1992 waren es schon nur noch 150.000 Mark.

Nach Plänen des Sparhaushaltes 1994 soll es nun aber gar kein Geld mehr geben. 60% der Gebäude werden dann nicht mehr umgebaut. Aber auch beim Fahrdienst soll gespart werden: Wenn es nach dem Willen der Politiker geht, sollen sie künftig ihre Wohnung nur noch fünfzehn Mal im Monat verlassen können. „Jedesmal wenn ich meinen politischen Aktivitäten nachgehen, einkaufen, oder mal ins Kino gehen will, muß ich den Fahrdienst in Anspruch nehmen“ erklärt Hans-Joachim Harig vom Arbeitskreis Körperbehinderter. Den Alltag in 15 Fahrten bewältigen zu sollen, erscheint ihm als Hohn. „Kein Gesunder würde das schaffen.“ Zwar ist öffentlich meist von 30 Fahrten die Rede, doch dabei wird gern übersehen, daß die Menschen nicht nur hin, sondern auch wieder zurückgebracht werden müssen. Taxen können sich die häufig am Existenzminimum lebenden Behinderten meist nicht leisten, und in welchen Kofferraum paßt schon ein Rollstuhl? Wiebke Spannuth