Schiff für Flüchtlinge

■ Von der Innenverwaltung versprochene Wartecontainer am Waterloo-Ufer sind immer noch nicht bezugsfertig

Mit drei übereinandergezogenen Pullovern, x-Hosen und Socken stehen die Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien vor der Ausländerbehörde am Waterloo-Ufer. Der Warteraum ist zwar seit einigen Wochen ab Mitternacht geöffnet – aber da passen nur 70 Leute hinein. Ebenfalls seit gestern gibt es auch ein von der Innenverwaltung gestelltes Warteschiff namens „Kreuzberg“, direkt neben dem U-Bahnhof Hallesches Tor. Aber da darf nur hinein, wer eine Wartenummer besitzt, und dies bedeutet wiederum Anstehen und eben drei Pullover. Noch immer kommen täglich etwa hundert Neuankömmlinge aus Bosnien, aus Kroatien und dem Kosovo, aber die Situation ist entspannter geworden, seitdem es eine getrennte Abfertigung für Kriegsflüchtlinge gibt, die sich erst in den letzten Tagen nach Berlin retten konnten, und Menschen, die schon länger hier sind und jetzt nur ihre Duldungen verlängern müssen.

Insgesamt aber sei die Situation immer noch „extrem unbefriedigend“, sagt der Kreuzberger Bürgermeister Peter Strieder (SPD), der sich gestern das Warteschiff ansah. Er kritisiert, daß die von der Innenverwaltung schon vor Wochen versprochenen acht Wartecontainer für insgesamt 250 Leute zwar jetzt endlich auf der Wiese vor dem Waterloo-Ufer stehen, aber immer noch nicht bezugsfertig sind. Angeblich soll dies erst übernächste Woche passieren. „Völlig unverständlich“, meint Strieder, und „absolut unfaßbar“ sei, daß der vom Innensenator großangekündigte Umzug in die Ausländerbehörde nach Hohenschönhausen sich wegen angeblich fehlender Fluchtwege über Weihnachten hinaus verzögern wird. Und ein vom Bezirk Kreuzberg angebotenes und sofort beziehbares Haus in der Prinzenstraße will die Innenverwaltung nicht in Anspruch nehmen, weil keine EDV- Anschlüsse vorhanden seien.

„Hier passiert eine unglaubliche Sauerei“, sagt Strieder, und die Verzögerungstaktik sei ein eklatantes Beispiel für die „dringende Notwendigkeit einer Dienstreform“. Die Innenverwaltung „vernachlässige“ ihre Fürsorgepflicht für die Kriegsflüchtlinge und benutze jeden Grund, um den „unmöglichen Status quo am Waterloo-Ufer weiter aufrechtzuerhalten“, hieß es vorgestern in einer Presseerklärung. Die dort erhobenen Vorwürfe wiederholten gestern auch der ausländerpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis90/ Grüne, Ismail Kosan, und die stellvertretende Bürgermeisterin von Kreuzberg, Erika Romberg (Bündnis 90). Sie haben für die Flüchtlinge vor einer Woche ein beheizbares Zelt aufgestellt und verteilen heiße Getränke und Decken. Die Innenverwaltung wies alle gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück und sprach von einer „böswilligen Verdrehung der Tatsachen“. Eine Auskunft, wann die Behörde endlich nach Hohenschönhausen umzieht, war gestern nicht zu erhalten. Anita Kugler