Bleich durch UV-Strahlung

■ Korallensterben durch erhöhte Strahlenintensität / Die Symbiose von Hohltieren und Algen wird nachhaltig gestört

Vor sechs Jahren, im Spätsommer 1987, beobachteten Biologen an mehreren Stellen in der Karibischen See das Ausbleichen kompletter Korallenriffe. Die normalerweise grün, rötlich oder goldbraun gefärbten Riffe waren plötzlich strahlend weiß geworden. Die Steinkorallen, die zu den Hohltieren zählenden Erbauer der Riffe, entledigten sich ihrer „Untermieter“: Sie warfen kleine einzellige Algen aus ihrem Körper heraus, mit denen sie normalerweise einträchtig zusammenleben. So wurde das weiße Kalkskelett sichtbar und schimmerte durch die farblosen Tiere hindurch.

Bis heute ist ein solches Ausbleichen auch in anderen tropischen Meeren immer wieder sporadisch aufgetreten. Eine schlüssige Erklärung für das Phänomen gab es bislang jedoch nicht. Neben Wasserverschmutzung, Krankheiten oder Lichtmangel galt eine erhöhte Wassertemperatur als die wahrscheinlichste Ursache. Nun haben zwei Biologen der Universität in Houston, Texas, nachgewiesen, daß die ultraviolette Strahlung (UV) das Ausbleichen der Korallen verursachen kann.

Vor der zu den Bahamas gehörenden Insel San Salvador verpflanzten Daniel Gleason und Gerald Wellington mehrere Korallen- Kolonien, die normalerweise in eine Wassertiefe von 24 Metern wuchsen, auf zwölf Meter Wassertiefe. Über die eine Hälfte der Versuchskolonie wurde eine durchsichtige Folie gespannt, die die UV-Strahlung zurückhält, sichtbares Licht jedoch hindurchläßt. Die andere Hälfte der Kolonie blieb ungeschützt.

Bereits nach sieben Tagen wurden die ungeschützten Korallen fahl und blichen in den folgenden Wochen immer mehr aus. Die unter der Folie in derselben Tiefe wachsenden Tiere jedoch behielten ihre Farbe.

Im britischen Wissenschaftsmagazin Nature ziehen die beiden Biologen Folgerungen aus ihrem Versuch: Die UV-Strahlung nimmt mit zunehmender Wassertiefe schnell ab. Offensichtlich haben die nach oben verpflanzten Korallen die dort herrschende stärkere Strahlung nicht vertragen und haben mit Ausbleichen reagiert.

Ein Übermaß an UV-Strahlung, so vermuten die Forscher weiter, haben auch jene Korallen abbekommen, die in den vergangenen Jahren massenhaft verblaßt sind. Daran ist aber nicht der vom Menschen verursachte Ozonschwund in der Stratosphäre schuld, der sich besonders in den Polargebieten bemerkbar macht. Vielmehr wurde über etlichen ausgeblichenen Kolonien in der Vergangenheit über längere Zeit eine extrem ruhige See mit sehr klarem Wasser beobachtet – Verhältnisse, die zu einer verstärkten UV-Strahlung im Meer führen.

Trotz der vorgestellten Erkenntnisse scheint aber auch die Wassertemperatur eine wichtige Rolle zu spielen. Korallen gedeihen nur dort, wo das Wasser zwischen 25 und 29 Grad warm ist. Bereits bei 30 Grad verlieren einige Korallen ihre Algen. Und 1987 ging die Wassertemperatur an einigen Stellen in der Karibik bis auf 32 Grad rauf.

Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß beide Effekte – UV-Strahlung und erhöhte Wassertemperatur – zusammenwirken und zum Ausbleichen der Korallen führen. Denn die Lebensgemeinschaft zwischen den Hohltieren und den Algen ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel, das schon bei geringen Störungen zusammenbricht.

Die kleinen Algen leben in den Körperzellen der Hohltiere, und beide Partner dieser Symbiose versorgen sich gegenseitig mit einer ganzen Reihe von lebensnotwendigen Nährstoffen. Nur gemeinsam sind beide lebensfähig und in der Lage, die oftmals riesigen Korallenriffe aufzubauen – und damit eine Grundlage für das vielfältige Leben in einem derartigen Riff zu schaffen. Ändern sich die Umweltbedingungen so, daß einer der beiden Partner sich nicht mehr wohl fühlt, dann trennen sich ihre Wege. Letztlich ist damit das komplexe Ökosystem nicht mehr existenzfähig. Rolf H. Latusseck/fwt