Frieden für ein weißes Homeland?

ANC und Afrikaaner Volksfront verhandeln Referendum über weißen Volksstaat / Inkatha kündigt an, „bis zum bitteren Ende“ gegen neue Verfassung zu kämpfen  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Das Präsidium der südafrikanischen Anti-Apartheid-Allianz „African National Congress“ (ANC) berät am heutigen Montag in Johannesburg, ob die Organisation einem Referendum nur für Buren zustimmen soll. Der der taz vorliegende Vorschlag ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem ANC-Unterhändler Thabo Mbeki und Ex-General Constand Viljoen, dem Führer der rechtsgerichteten „Afrikaaner Volksfront“. Der ANC versprach, seine Antwort bis Dienstag vorzulegen. Falls die Anti-Apartheid- Allianz zustimmt, soll das Referendum am 19. Januar stattfinden.

Sollte das Plebiszit nur für Buren zugunsten eines weißen Volksstaats ausfallen, sollen die ersten konkreten Schritte zu seiner Bildung aber erst nach Südafrikas ersten allgemeinen Wahlen am 27. April 1994 unternommen werden. Der Vorschlag ist das Ergebnis mehrwöchiger Verhandlungen zwischen den beiden Organisationen. Die Gesprächsgrundlage: Frieden für ein weißes Homeland.

Manche Beobachter betrachten die Verhandlungen als letzte Chance, eine Konfrontation zwischen Reformgegnern und demokratischen Kräften zu verhindern. Rechtsgerichtete Organisationen wie die Afrikaaner Volksfront, die Konservative Partei und die konservative Schwarzen-Organisation Inkatha hatten mit zunehmender Gewalt gedroht, seit Mitte der vergangenen Woche Südafrikas neue Übergangsverfassung beschlossen worden war. Erst an diesem Wochenende hatte der Inkatha-Vorsitzende Buthelezi bei einer Kundgebung in Pretoria einen „Kampf bis zum bitteren Ende“ gegen die Verfassung angekündigt. Wenn die neue Verfassung erwartungsgemäß vom Parlament verabschiedet werde und nach der ersten Parlamentswahl unter Beteiligung aller Rassen am 27. April nächsten Jahres Rechtskraft erhalte, trete im Land eine weitere Spaltung ein. „Es wird dann nur ein polarisiertes Südafrika bestehen, das hilflos um sich greifender Gewalt ausgesetzt ist und auf den Bürgerkrieg zusteuert.“ Die Gewerkschaft der weißen Bergarbeiter warnte im Rahmen einer Pressekonferenz, sie würden „Südafrika mit kommerziellem Sprengstoff in seinen Grundfesten“ erschüttern.

Am Wochenende trafen sich Nelson Mandela und Viljoen, um über mögliche Kompromisse zu sprechen. Die ursprüngliche Einigung über einen halbautonomen Volksstaat für die Afrikaaner ist inzwischen wieder vom Tisch, da die Volksfront einen Punkt nicht erfüllen konnte. Der ANC hatte verlangt, daß dieser nichtrassistisch sein müsse.

Die Idee des Referendums, obwohl von der Afrikaaner Volksfront ausgehend, bietet dem ANC mehrere Vorteile. So ist völlig unklar, ob die Volksfront überhaupt eine Mehrheit für ihr Begehren finden kann. Da ihr Führer Ex-General Constand Viljoen jedoch immer noch viele Freunde in den Reihen der Sicherheitskräfte hat, würde ein Kompromiß die Gefahr von Schwierigkeiten aus dieser Ecke verringern.

Die andauernden Beratungen strafen alle Aussagen von ANC- Präsident Nelson Mandela Lügen, der weitere Demokratisierungsprozeß Südafrikas werde gegen jeden Widerstand durchgefochten. Am heutigen Montag tritt in Kapstadt das weiße Minderheitsparlament zusammen, um die Beschlüsse der Demokratisierungsverhandlungen einschließlich der Verfassung in einer dreiwöchigen Sondersitzung zu ratifizieren. Anschließend soll dann eine Übergangsregierung eingesetzt werden.

Die rechten Reformgegner stehen gegenwärtig mit leeren Händen da. Auch Constand Viljoen, der bis Mitte der 80er Jahre als Chef der südafrikanischen Streitkräfte fungierte, sucht mit zunehmender Verzweiflung nach einem Verhandlungserfolg. „Wenn nicht bald etwas zustande kommt“, warnte er kürzlich bei einem Treffen mit Auslandskorrespondenten in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria, „kann ich bald meine Leute nicht mehr kontrollieren.“