■ NACHGEFRAGT
: „Eine neue Versuchsanordnung“

Die SPD-Fraktion hat in der letzten Woche Verkehrsbeschränkungen sowohl für die Martinistraße als auch für die Straße Am Wall gestoppt. Beim grünen Koalitionspartner und bei SPD-Beiräten ist dieser Beschluß kritisiert heftig kritisiert worden. Die taz sprach darüber mit der SPD- Landesvorsitzenden Christine Wischer.

Frau Wischer, der ehemalige Sprecher der Baudeputation, der Grüne Dieter Mützelburg, wirft der SPD-Fraktion vor, das sie gegen die Koalitionsvereinbarung verstoßen habe. Hat er recht?

Christine Wischer: Nein, ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen, weil nach meiner Auffassung die SPD-Fraktion sich überhaupt nicht verabschiedet hat von dem Anliegen einer autoarmen Innenstadt.

In den Koalitionsvereinbarungen steht unter anderem: „Der Durchgangsverkehr der Martinistraße ist zu unterbinden.“ Das entsprechende Konzept dazu ist von der SPD- Fraktion fallengelassen worden.

Ich habe das überhaupt nicht so verstanden, daß hier etwas fallengelassen worden ist. Hier geht es darum, etwas langfristig durchzusetzen, Und das muß man so machen, daß am Ende des Ganzen nicht ein Flopp steht. Man muß ja auch mit einbeziehen, wie so etwas vom Bürger aufgenommen wird. Viele Elemente des Konzeptes der Bausenatorin sind positiv aufgenommen worden, und man muß nun zusehen, daß man es zu einem guten Ganzen zu Ende bekommt.

Erfolgreich heißt: Der Wähler quittiert das Konzept mit dem richtigen Kreuzchen auf dem Wahlschein?

Das ist ja nie verkehrt. Der Bürger muß doch diesen Prozeß mittragen können. Aber erfolgreich heißt auch: Erfolgreich im Sinne des Zieles. Nämlich am Ende eine autoarme Innenstadt zu haben und nicht die Verkehre einfach wegzudrängen und an anderer Stelle auflaufen zu lassen.

Auch der SPD-Beirat Mitte hat den Fraktionsbeschluß kritisiert.

Auch da muß man mit den Genossinnen und Genossen darüber reden, daß es ein richtiges Mißverständnis gibt an dieser Stelle. Da wird ja vorausgesetzt, daß die SPD das nicht mehr will. Das sehe ich nicht.

Neben den Querelen mit den Grünen galt die Entscheidung der Fraktion auch als Affront gegen die sozialdemokratische Bausenatorin.

Das ist eine Interpretation, daß eine Fraktion gegen die Senatorin gestimmt hat. Ich versuche gerade, deutlich zu machen, daß es kein –gegen' gegeben hat, sondern daß es ein gemeinsames Ringen um eine gute Versuchsanordnung gewesen ist. Das war keine Abstimmung gegen Eva- Maria Lemke-Schulte. Sie war ja bei den Abstimmungen dabei. Und wenn die Sprache auf das Problem der Verdrängung von Verkehren in die Neustadt auftaucht und da keine Antworten kommen, dann muß man da gemeinsam noch einmal drüber nachdenken. mad