■ Kommentar: Jubel, Trubel, Ratlosigkeit
Volker Kröning geht von Bord, und in so manchem Politikerherz macht sich Freude breit: Endlich will er weg, der Quälgeist, der jeden Pfennig fünfmal umgedreht hat, wenn er von anderen Ressorts ausgegeben werden sollte. Kröning hatte schon bei der Senatsbildung 1991 wenig Freunde, liebend gerne wäre Klaus Wedemeier ihn losgeworden, aber dann hat ihm der Rückzieher von Claus Grobecker doch noch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bahn frei für Kröning. Und als der erstmal loslegte hat er sich schon gar keine neuen Freunde geschaffen. Penetrant sei er, hieß es, musterschülerhaft, besserwisserisch.
Nun will er also gehen, aber schnell stellt sich die bange Frage: Wer sonst? Wer will sich schon freiwillig zu Wedemeiers Sparschwein machen, das täglich durch das finanzielle Unterholz der Bremer Behörden bricht? Vielleicht sollte die SPD mal in der Sadomaso-Szene nachfragen.
Am Freitag gibt Kröning die neuesten Horrordaten aus der Steuerschätzung bekannt, am Wochenende seine Kandidatur für den Bundestag. Ein symbolträchtiger Zufall. Kaum noch jemand glaubt an die dringend nötige Verwaltungsreform mit einer SPD, die aus Angst vor dem Wähler jeden Konflikt scheut: Bloß keinen Krach mit den Gewerkschaften. Krönings Rückzug hat eine persönliche Seite, aber auch eine politische: Die Stadt scheint noch nicht begriffen zu haben, welch drastischen Einschnitte nötig wären, wenn sich Bremen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen will. Der Nachfolger muß erst noch gefunden werden . Jochen Grabler
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