Finanzsenator Kröning will weg

■ Finanzsenator bewirbt sich um festen Listenplatz für Bundestag/ Erleichterung in der SPD

Große Erleichterung in der Bremer SPD: Finanzsenator Volker Kröning will den Job wechseln, Kröning will in den Bundestag. Das hat der Kandidat in spe am Wochenende der Parteispitze mitgeteilt. Und in der SPD gibt es frohe Gesichter, erstens, weil sich endlich ein Zugpferd für den Bundestagswahlkampf gefunden hat, und zweitens, weil Kröning alles andere als beliebt bei größeren Teilen der Partei ist. „Kröning vereinigt in der Sache Freunde und Feinde hinter sich“, hieß es gestern aus der SPD–Fraktion. Dort war die Kandidatur zwar hinter vorgehaltener Hand besprochen, aber noch nicht öffentlich diskutiert worden. Am 23. Januar entscheidet die Wahlkreis-Konferenz der Bremer Ost- SPD über die Kandidaten.

„Am 10. November war ich zehn Jahre Mitglied im Senat“, kommentierte Kröning gestern seine Kandidatur. Schon vor vier Jahren habe er sich für das Mandat interessiert, jetzt sei es an der Zeit, mal was anderes zu machen. Wenn der Bundestag Ende nächsten Jahres gewählt werde, dann seien seine wichtigsten Projekte auf den Weg gebracht - oder auch nicht. „Dann ist die Verwaltungsreform über die Bühne, oder gar nicht.“ Über seine Nachfolge wolle er nicht spekulieren, schließlich sei er ja noch nicht einmal nominiert, und vorschnell wolle er noch nicht Entwarnung geben: „Mit mir muß man noch ein Jahr voll rechnen.“

In der Partei ist bei allem Wohlwollen gegenüber der Kandidatur die große Ratlosigkeit ausgebrochen: Niemand aus den eigenen Reihen würde sich für den unangenehmsten Job aufdrängen, der in Bremen zu vergeben ist. Dieser Zustand hält schon seit Monaten an. Es ist nicht das erste Mal, daß die Nachfolgefrage erörtert wird. Schließlich ist das Verhältnis zwischen Kröning und seiner politischen Umwelt seit langem angespannt.

Erst vor vier Wochen hatte es eine Breitseite von Klaus Wedemeier gegen Kröning gegeben, als der die Risiken des Hauhaltes im nächsten Jahr betont hatte. Für Beobachter war das ein weiteres Indiz für das höchst angespannte Verhältnis zwischen Bürgermeister und Finanzsenator. Und in den Sparrunden hatte sich Kröning keine großen Freunde unter seinen SenatskollegInnen gemacht. Gleichzeitig aber gab es kaum eine personelle Alternative zu ihm. „Ich sehe keinen aus der Fraktion“, heißt auch jetzt das knappe Urteil aus der sozialdemokratischen Bürgerschaftsriege. Gespannt wird die Rückkehr Wedemeiers aus Ostasien erwartet.

Am Wochenende hatte Kröning seine Entscheidung der Landesvorsitzenden Tine Wischer und dem Unterbezirksvorsitzenden Wolfgang Grotheer mitgeteilt. Und er hatte den ehemaligen Landesvorsitzenden Horst Isola angerufen. Der allerdings will trotz der großen Konkurrenz nicht zurückziehen. Isola gestern „Ich kandidiere.“ Gegen ihn muß Kröning antreten, wenn er im Bremer Osten für die SPD aufgestellt werden will. Dort hatte bei der letzten Bundestagswahl im Dezember 1990 Ernst Waltemathe zwar mit rund 6.000 Stimmen vor dem CDU-Kandidaten Günter Klein gelegen. Doch der Vorsprung war bei der Bürgerschaftswahl im Jahr darauf auf ein paar hundert Stimmen zusammengeschrumpft. Vor einigen Wochen hatte Waltemathe überraschend erklärt, daß er nicht wieder kandidieren wolle. „Ost ist mehr als gefährdet“, lautet die Einschätzung innerhalb der SPD.

Bei den Koalitionspartnern löste die Nachricht höchste Verblüffung aus. Weder FDP noch Grüne hatten bis zum späten Nachmittag erfahren, daß möglicherweise bald ein neuer Finanzsenator gesucht wird. Martin Thomas, grüner Fraktionssprecher: „Das zeigt nur, daß das Verhältnis zwischen dem Bürgermeister und dem Finanzsenator irreparabel ist.“ FDP-Fraktionschef Heinrich Welke bedauerte die Entscheidung Krönings: „Wir haben immer gut zusammengearbeitet.“ Über einen möglichen Nachfolger wollten aber weder Thomas noch Welke spekulieren. Welke: „Das ist allein Sache der SPD.“

Jochen Grabler