Subventionen für Hilfsjobs zum Niedriglohn

■ Wer wenig verdient, bekommt was dazu: So soll die Negativsteuer funktionieren

Das Beispiel ist bekannt und wird bis zum Erbrechen politisch ausgeschlachtet: Eine vierköpfige Familie „auf Sozialhilfe“ bekommt vom Staat monatlich inklusive der Wohnkosten 2.450 Mark zugewiesen. Nimmt einer von beiden einen Hilfsjob an, gehen erstmal vom ohnehin geringen Bruttolohn die Sozialabgaben runter. Der Nettolohn schließlich wird bis auf 250 Mark im Monat auf die Sozialhilfe angerechnet – nicht selten wird damit fast der gesamte Verdienst wieder aufgefressen.

Diesem Dilemma soll die „Negativsteuer“ abhelfen. Ihr Prinzip besteht darin, daß Bruttoeinkommen unterhalb einer bestimmten Besteuerungsgrenze durch Zuwendungen vom Finanzamt, eben die Negativsteuer, aufgestockt werden. Je geringer das Bruttoeinkommen, desto höher der Zuschuß. Der Clou dabei: Das letztendliche Netto-Einkommen (also Lohn plus Zuschuß) steigt mit der Höhe des selbst verdienten Einkommens. Es lohnt sich also, auch schlechter bezahlte Jobs anzunehmen. Inklusive der Subvention vom Finanzamt steht sich der Arbeitnehmer immer noch besser, als wenn er gar nichts selbst verdienen würde. Erst wenn der Beschäftigte eine bestimmte Besteuerungsgrenze erreicht, fällt der Zuschuß völlig weg. Es werden dann ganz normale „positive“ Steuern fällig, die aber auch erst sehr allmählich ansteigen.

Eine Beispielrechnung: Wer nicht jobbt, bekommt 1.000 Mark im Monat an Grundsicherung. Wer selbst aber 1.000 Mark netto verdient, erhält noch einen Zuschuß von 500 Mark, kommt also schließlich auf 1.500 Mark im Monat. Wer schließlich 2.000 Mark nach Hause bringt, bekommt keinen Zuschuß mehr, muß aber auch noch keine Steuern zahlen.

Netto-Einkommen sollen über Sozialhilfe liegen

Der SPD-nahe Sozialwissenschaftler Fritz Scharpf schlägt eine Variante der Negativsteuer vor, die ausdrücklich nur für Erwerbstätige gelten soll. Hierbei sollen die Netto-Einkommen (also Niedriglohn plus Zuschuß) nicht nur kontinuierlich ansteigen, sondern schon von Beginn an deutlich über den Sozialeinkommen für Alleinstehende liegen, um einen Anreiz für die Aufnahme einer Beschäftigung zu bilden.

Diese Einkommenshilfe könnte nach dem Muster der früheren „Berlin-Zulage“ im Lohnsteuer- Verfahren gewährt werden. Der Arbeitgeber müßte dann den jeweiligen Zuschußbetrag auf den Brutto-Arbeitslohn aufschlagen. Davon würden wie üblich Steuern und Sozialabgaben abgeführt. Der Beschäftigte bekäme nur das erhöhte Netto-Einkommen ausbezahlt. Der Arbeitgeber wiederum könnte gegenüber dem Finanzamt die Summe der rechnerisch eingesetzten Zuschüsse von seiner Steuerschuld abziehen.

Kritiker der Modelle befürchten eine zu teure „komfortable“ Grundsicherung. BD