■ Sind die Finnen die fruchtbarsten Europäer?
: Starke Nordmänner

Berlin (taz) – Vor kurzem berichteten wir auf dieser Seite über die seltsamen Trinkgewohnheiten der Männer Finnlands. Wir titelten „Ein Volk von Koma-Trinkern?“. Die andere Seite der finnischen Männer zeigte jüngst die in London erscheinende Wochenzeitung The European auf. Kaum zu glauben, aber wahr: Die Finnen sind mit Abstand die fruchtbarsten Männer Europas. Bei den Nordmännern finden sich respektable 131 Millionen Samenfäden pro Millimeter Samenflüssigkeit, es folgen die Franzosen mit 90, die Deutschen und Norweger mit 89, Schweden mit 86, Briten mit 80, Dänen mit 78 Millionen. Die Männer aus den klassischen Macho- Ländern Italien und Griechenland sind mit 77 bzw. 72 Millionen Samenfäden relativ unfruchtbar. Das wollen jedenfalls Forscher des Rigshospitals Kopenhagen ermittelt haben. Die dänischen Wissenschaftler fanden auch heraus, daß sich in den westlichen Industrieländern innerhalb der letzten 50 Jahre die Zahl der Spermien halbiert hat.

Jyrki Suominen, Biologe an der Universität Turku, ging der Sache nach, kam zwar auf andere Zahlen, bestätigte aber: „Wie man es dreht und wendet, die Finnen produzieren nach allen Meßmethoden etwa zweimal so viele Spermien wie die Männer anderer Völker.“ Obendrein sei es so, daß die männlichen Einwohner der Seen-Distrikte mit einer noch attraktiveren Spermien-Zahl aufwarten könnten als die Städter.

Die Forscher machen für die nachlassende Fruchtbarkeit diverse Umwelteinflüsse verantwortlich, in Finnland sei die Natur noch verhältnismäßig sauber. Aber überall in Europa hätten sich eine ganze Reihe von Chemikalien in den Lebensmitteln, Pestizide in der Landwirtschaft und in England radioaktive Substanzen in der Nähe des Atomkraftwerkes von Sellafield in den Körperfetten abgelagert, was wiederum die Produktion weiblicher Hormone in den Männern stimulierte.

Die Folge: Die Qualität der Samenflüssigkeit sank. Zwar sei diese schwer zu bestimmen, aber wenn nur ein Samenfaden ausreicht, um eine Eizelle zu befruchten, dann müsse die Qualität dieses Samenfadens schon wichtig sein. Normalerweise produziere der Körper sage und schreibe um die 1.000 Samen pro Sekunde, zwischen 300 und 400 Millionen befänden sich durchschnittlich im Ejakulat. The European fragt sich daher nicht zu Unrecht, was es denn ausmache, wenn da „ein paar davon nicht geradeaus schwimmen können“.

Einerseits nicht viel, andererseits, so die Wissenschaftler, sei es eben alarmierend, wenn die Zahl der Samenfäden sich in nur 50 Jahren halbiert hätte. Viel zulange seien die Fruchtbarkeits-Probleme allein Probleme der Frau gewesen, die Männer hätten kaum auf ihre Fruchtbarkeit geachtet.

Ein Phänomen gibt es. Wenn die Temperaturen über 34 Grad plus sind, wird die Samenfäden- Produktion behindert. Weshalb auch von heißen Wannenbädern abzuraten sei. Allerdings sei den Finnen im Norden (wo es oft unter 20 Grad minus ist!) schwer vermittelbar, daß sie aus Gründen der Fruchtbarkeit nur lauwarm duschen sollen (wo sie es doch eh am wenigsten nötig haben... die Säzzerin).

Die Forscher ärgert sowieso, daß die finnische Geburtenrate trotz aller Fruchtbarkeit zu den niedrigsten in Europa gehört (anstatt Wodka vielleicht mal Zielwasser trinken, rät schon wieder die Säzzerin). Die Finnen würden sich lieber über „die ökonomischen Probleme und die das Land überziehenden Bankrotte“ unterhalten als etwa über Fruchtbarkeit. Wenn das so weitergehe, dann müssen auch die Finnen die weitere Existenz ihres Volkes mittels Samenbanken absichern. Falk Madeja