Mitleid mit Obdachlosen nur bei Minusgraden?

■ Bei beißender Kälte erinnern sich mitfühlende Mitbürger an Menschen ohne Wohnung

„Immer im Winter“ würden die Leute anfragen, wie sie den Obdachlosen helfen könnten, sagt Peter Ogon von der Obdachlosenhilfe des Diakonischen Werkes. Solche Fragen beantwortet der Mitarbeiter Tagesaufenthaltsstelle Bundesstraße ein bißchen widerwillig, denn: „Das Vorrangige kann nicht gespendet werden - Wohnungen und Unterkünfte, wo Menschen menschenwürdig leben können“.

Warme Klamotten sollten Spendenwillige bei den Wohlfahrtsverbänden abgeben, denn „da kommt die Daunenjacke bestimmt an den Richtigen“, meint Ogon. Für eine eher fragwürdige Hilfe hält er es dagegen, in diesen Tagen einem Wohnungslosen Schlafsack oder Wolldecke in die Hand zu drücken, denn „bei diesen Temperaturen darf man nicht draußen schlafen“. Noch ist in diesem Winter in Hamburg kein Mensch erfroren, doch die Minusgrade sollen anhalten.

Wer bei eisiger Kälte jemanden sieht, der im Freien nächtigt, sollte ihn nicht einfach seinem frostigen Schicksal überlassen, sondern zur Not wachrütteln. Warme Unterkünfte vermitteln die Tagesaufenthaltsstätten des Diakonischen Werkes und das Landessozialamt. Auch die Bahnhofsmission weiß immer, wo noch Plätze frei sind.

Niemand müsse auf der Straße schlafen, betont Christina Baumeister, Sprecherin der Sozialbehörde (BAGS). So sei die Übernachtungsstätte „Pik As“, wo die Behörde 60 zusätzliche Plätze für die kalte Jahreszeit eingerichtet hat, „noch nicht ausgelastet“. Dort werde niemand abgewiesen, und, falls erforderlich, seien auf dem Wohnschiff „Bibby Endeavour“ theoretisch noch 500 Plätze frei.

Doch trotz der Kälte sind viele Obdachlose nur ungern bereit, in eine Sammelunterkunft zu gehen. „Manche meiden solche Orte wie das Pik As auch bei Minusgraden“, weiß Peter Ogon, denn die Atmosphäre dort sei oft geprägt von Diebstahl und Gewalt. Das Gleiche sei beim Wohnschiff zu befürchten. Viel besser sei eine dezentrale Unterbringung, wie beim Winternotprogramm für Obdachlose, das die Sozialbehörde zusammen mit Kirche und Wohlfahrtverbänden in diesem Winter zum zweiten Mal organisiert hat. Höchstens vier Container stehen jeweils auf den Grundstücken, die bisher 15 Kirchengemeinden zur Verfügung gestellt haben. Von den insgesamt 150 Plätzen seien nur noch wenige frei, berichtet Ogon, der davon ausgeht, daß in Hamburg 2000 Menschen auf der Straße leben.

Die BAGS sucht noch Kirchengemeinden, die das Winternotprogramm unterstützen, Stellflächen für Container oder Räume zur Verfügung stellen und Personal organisieren, finanziert wird alles aus Behördenmitteln. VM Tagesaufenthaltsstätte Bundesstraße, Tel. 49 92 33, Kleiderspenden an die Tagesstätte „Herz As“, Norderstraße 66 oder das „Pik As“, Neustädter Straße 31. Über den Winter hinaus arbeitet die Obdachlosen-Selbsthilfegruppe „OASE“, wo Unterstützung willkommen ist, Tel. 49 92 33 (Mi 13 - 15 Uhr).