■ Beim jungen Mussolini und dem alten Hugenberg gelernt
: Berlusconi ante portas

Daß Silvio Berlusconi seit langem eine eigene Partei gründen will, ist kein Geheimnis, schon lange drängt es den Mailänder in die Bütt. Sein erster Auftritt war nun, ganz in seiner rumorigen Art, der größte aller denkbaren Knaller – die offene Unterstützung des Neofaschisten-Führers Gianfranco Fini bei den Bürgermeisterstichwahlen in Rom.

Auf der einen Seite realisiert sich, was Insider schon lange munkeln: der Mann orientiert sich immer stärker an Mussolini. In seiner Tageszeitung Il Giornale erscheint seit Wochen die „Geschichte des Königreichs Italien 1861–1946“, geschrieben von Chefredakteur Indro Montanelli, selbst einst reger Gefolgsmann des Duce. Er hebt ganz besonders hervor, daß, wie er selbst, auch Mussolini Sozialist war, ehe er 1919 den Faschismus begründete. Drei Jahre danach war er Ministerpräsident in Rom. Vermutlich glaubt Berlusconi, das auch schaffen zu können.

Im Unterschied zu dem zunächst eher unsicheren Abenteurer Mussolini muß er jedenfalls nicht erst nach geldschweren Gönnern suchen. Er hat selbst genug Kapital und Propagandamittel. Hier setzt er auf sein anderes historisches Vorbild: den deutschen Urgroßvater aller Medienzaren, Alfred Hugenberg. Ihm gehörten unter anderem der Ufa-Konzern und der Scherl-Großverlag, er war im rechten Spektrum absoluter Meinungsführer. Mit der Gründung der „Harzburger Front“ aus Deutschnationalen, Nationalsozialisten und dem „Stahlhelm“ 1931 hat er die Nazis hoffähig gemacht und gleichzeitig geglaubt, sie für die Industrie zähmen zu können.

Dennoch könnte Berlusconi sich schon in der Auswahl seiner Vorbilder vertan haben. Mussolini war, als er sich „selbständig“ machte, ein Mann gegen das bestehende Regime, während Berlusconi dieses gerade repräsentiert. Hugenberg konnte sich als eine Art Mehrheitssprachrohr des deutschen Industriekapitals fühlen, während Berlusconi in der Wirtschaft nahezu alles zum Gegner hat, was Rang und Namen besitzt – von Agnelli (FIAT) bis zu De Benedetti (Olivetti). Luciano Benetton hat sogar frontal Stellung bezogen und erklärt, er würde in Rom den Grünen Rutelli wählen. Aufschlußreich für das künftige Italien wird Berlusconis Experiment in jedem Fall. Zu hoffen ist allerdings auch, daß es, jedenfalls in der derzeitigen Marschrichtung, bald scheitert. Werner Raith