Sanssouci: Nachschlag
■ Kein "Faust" im Schiller Theater
Probenszene aus Einar Schleefs „Faust“ Foto: Mo Hübener
Totgesagte leben vielleicht länger, schon Beerdigte jedoch nicht. Der Beschluß des Kultursenats, den Spielbetrieb des am 2. Oktober geschlossenen Schiller Theaters mit einem dreimonatigen „Gastspiel“ von Einar Schleefs „Faust“-Projekt wieder aufleben zu lassen, war sicher gut gemeint. Nur läßt er sich nicht realisieren. Wie Kultursenator Roloff-Momin am Mittwoch mitteilte, kann er nicht verantworten, einen wie auch immer gearteten Theaterbetrieb im Schiller Theater aufrechtzuerhalten.
Vier Bühnenmitglieder hatten gegen ihre Kündigung geklagt und vom Bühnenschiedsgericht recht bekommen, da ja von einer Stillegung des Theaters derzeit mit dem geplanten „Faust“ nicht auszugehen sei. So wird der Senator zur Konsequenz gezwungen, seine späte Wiedergutmachungsgeste gegen einen Regisseur, dem er mitten im Probenprozeß die Bühne unter dem Hintern weggezogen hat, wieder zurückzunehmen – was zwar peinlich ist, aber den Senat vor weiteren Forderungen der gekündigten Bühnenangehörigen schützt. Aus „kulturpolitischer Sicht“ hätte Roloff-Momin Schleefs Produktion gerne im Schiller Theater gesehen. Aus kulturpolitischer Sicht hatte er aber auch die Schließung des Theaters für richtig befunden. Wer A sagt (wie Aus), muß auch B sagen (wie Basta). Eine kleine Lektion für sich: Man kann eben nicht erst rigide Sparpolitik betreiben und sich dann von der großzügigen Seite zeigen wollen. Im Schiller Theater selbst hat man vom neuen Stand der Dinge am Donnerstag morgen aus der Zeitung erfahren. Erschüttern dürfte dies in keiner Hinsicht. Den Informationsstil des Kultursenats kennt man doch, und für die Inszenierung, die ja bereits am 16. Oktober vor dem Theater einmal gezeigt wurde, wird sich ein Plätzchen finden lassen. Vermutlich in der Volksbühne.
Etwas richtig Schlimmes ist also nicht passiert: Die Unsicherheit der Berliner Kulturpolitik hat sich nur einmal mehr bestätigt. Petra Kohse
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