„Ich steh' auf Deutschland“

■ Der Wahlhamburger Trilok Gurtu gastiert in der Fabrik

Der im Jahr 1951 in Bombay/Indien geborene Percussionist Trilok Gurtu gehört zu den großen Trommlern der jüngeren Generation. Er hat sich die letzten zwanzig Jahre seinen eigenen Sound erarbeitet, der von einer Originalität gekennzeichnet ist, die er auch im Zusammenspiel mit solchen eindeutigen Stilisten wie Jan Garbarek, Charlie Mariano und Don Cherry bewahrt. Seit 1986 ist er Mitglied der Gruppe Oregon und die letzten fünf Jahre war er ein fester Partner von John McLaughlin. Seit neun Jahren lebt Gurtu in seiner Wahlheimat Henstedt-Ulzburg, wo Nikos Theodorakopulos ihn traf.

Wie fühlst du dich als indischer Musiker im heutigen Deutschland?

Ich fühle mich hier wohl. Ich habe hier meine Familie, ich finde hier die Ruhe, um Musik zu machen. Doch die letzte Zeit weiß ich oft nicht, wie ich mich in Deutschland fühlen soll, obwohl ich selbst noch nichts Negatives erlebt habe. Es kann auch nicht sein, daß ich Angst habe. Angst ist etwas Schreckliches, ich will es nicht haben. Überall wo ich hingehe, fragen mich die Leute, wie kannst du bloß in Deutschland leben. Aber, weißt du, überall gibt es brutale Menschen. Der Rassismus existiert überall. Und ehrlich gesagt, ich stehe auf Deutschland. Ich hatte die Wahl, in den Staaten zu wohnen. Aber ich habe es nicht gemacht.

Warum nicht?

Die Mentalität ist anders, alles ist zu groß, für mein Empfinden haben sie dort keine Kultur. Ich will es nicht schlecht machen, aber ich könnte dort einfach nicht leben.

Warum hast du vor zwanzig Jahren Indien verlassen?

Ich konnte in Indien die Musik, die ich machen wollte, nicht entwickeln. Außerdem gab es auch keine Instrumente.

Du hast gerade mit „Crazy Saints“, bei der unter anderem Pat Matheny und Joe Zawinul mitspielen, die dritte Platte unter deinem eigenen Namen veröffentlicht. Es wundert mich, daß in keiner von deinen eigenen Platten Charlie Mariano mitgespielt hat. Er ist ein Kenner indischer Musik.

Ich wollte keine indische Musik machen. Meine Mutter singt auf der Platte, das reicht schon.

Wie fand sie es?

In Indien ist sie eine bekannte Sängerin. Für sie ist Singen genau so wichtig wie Essen. Auf meiner ersten Platte hat sie auch gesungen. Schon damals war sie überrascht, wie gut klassischer indischer Gesang zu meiner Musik paßt. Dieses Mal hat sie zu mir gesagt: „Mensch, du machst alles so schwierig“. Na ja, ich bin etwas pingelig. Sie fand es aber toll.

2. 12., Fabrik, mit Daniel Goyone (p) und Chris Minh Doky (b)