Trennung ohne Haß und Tränen

■ Aktive Scheidungsberatung gefordert / Kinder sind meistens die Leidtragenden

„Für viele Paare ist die Trennung mit Haß und Tränen verbunden. Das hat meist schreckliche Konsequenzen für die Kinder“, konstatiert der Hamburger Erziehungswissenschaftler Prof. Manfred Neuffer. Für minderjährige Kinder sei die Lage nach der Scheidung ihrer Eltern auch mehr als zehn Jahre nach Einführung des gemeinsamen Sorgerechts nicht einfacher geworden: „Die Elternverantwortung kommt in der verfahrenen Paarsituation meist zu kurz“, so Neuffer auf dem zweitägigen Kongreß „Partnerschaft, Trennung, Scheidung“, der am Donnerstag und Freitag in Hamburg stattfand.

Nur knapp fünf Prozent der „Scheidungseltern“ entscheiden sich für das gemeinsame Sorgerecht und damit für Kooperation statt richterlich verordneter Besuchstage. Die mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit zum Wohl der Kinder sei immer noch weit verbreitet und vor allem auf fehlende Beratungsangebote zurückzuführen, meinte Neuffer.

Bundesweit werden 32 von 100 Ehen wieder geschieden, so Neuffer. In Großstädten wie Hamburg sind es sogar fast die Hälfte: „Betroffen sind allein in der Hansestadt jährlich etwa 2700 Kinder und mehr als 1000 aus Partnerschaften ohne Trauschein“. Auf neue Partner, Trennung und Scheidung reagierten Kinder mit Verlustängsten, Schuldgefühlen und Scham. Um so wichtiger sei es, sie nicht auch noch zu Opfern der Eigeninteressen ihrer Eltern vor dem Familiengericht werden zu lassen.

Trennung ohne Haß ist nach Meinung des Hamburger Familientherapeuten Michael Blank bei vielen Paaren allerdings nur „unter Einbeziehung therapeutischer Aspekte möglich.“ Vermittlung statt Schuldzuweisung sei schwierig, wenn die Trennungssituation nicht aufgearbeitet werde. Eine Kooperation nach der Scheidung sei aber wichtig, weil „Eltern nicht aus dem Leben ihrer Kinder verbannt sein dürfen.“ Auch sei eine Fortsetzung der Liebesbeziehung nicht über lange Pausen und durch richterliche Verordnungen von Besuchen im Zwei-Wochen-Abstand möglich. Viele Kinder spalteten sich innerlich auf und reagierten mit Magenschmerzen, Migräne und chronischem Asthma.

Offizielle Beratungsangebote mit Vermittlungskonzepten sind nach wie vor Mangelware. Dabei schreibt das Kinder- und Jugendhilfsgesetz deren Einrichtung bis Ende 1994 vor. In Hamburg fehlt, so Neuffer, die behördliche Hilfe für ein Miteinander bisher gänzlich: „Es geht immer noch darum, den 'besseren Elternteil' ausfindig zu machen und Besuchsregelungen festzuschreiben“. smv/lno

Einen Infoabend über „Elterntrennung“ veranstaltet die Kontakt- und Informations-Stelle für Selbsthilfegruppen (KISS) im Hamburg-Haus Eimsbüttel, Doormannsweg 12, Montag, 29. November, 19 Uhr