GABL : „Der SPD fehlen die Ideen“

■ taz-Interview mit GABL-Ratsherr Enno Hagenah über rot-grüne Perspektiven

Die Hannoversche Ratskoalition aus SPD und GABL war in den vergangenen zwei Jahren stets von Turbulenzen begleitet. In diesen Tagen wird das rot-grüne Bündnis einen mit tiefen Einschnitten verbundenen Haushalt verabschieden. Nach dem Scheitern zahlreicher rot-grüner Koalitionen auf kommunaler Ebene sprach die taz mit GABL-Ratsherr Enno Hagenah über Bilanz und Perspektiven des hannoverschen Bündnisses. Der 36jährige Architekt hat im jährlichen Wechsel mit seiner Ratskollegin Helga Nowak den Fraktionsvorsitz der Grün-Alternativen Bürgerliste inne.

taz: Die Ratskoalition muß in diesen Tagen einen der wohl gnadenlosesten Sparhaushalte in der hannoverschen Geschichte verabschieden. Sind grüne Positionen übrig geblieben?

Hagenah: Die sind nicht übrig geblieben, sondern noch zusätzlich hinzugekommen. Die gesamten Beihilfen im Sozial-, Kinder-, Jugend- und Kulturbereich sind im Haushalt abgesichert. Im Verkehr haben wir bezogen auf das Innenstadtkonzept, für das die Verwaltung in ihrem Ansatz keine Mittel eingesetzt hatte, im Jahr 94 eine halbe Million im Haushalt. Ebenso durchgesetzt haben wir 250.000 Mark zusätzlich für den Radwegebau. Hinzu kommen Anwohnerparkplätze und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen am Maschsee, außerdem wird die Parkraumbewirtschaftung in der Stadt ausgeweitet und in die Abendstunden ausgedehnt. Im Energiebereich konnten wir fünf Millionen für energetische Maßnahmen in Schulgebäuden durchsetzen. Im Energie- und Verkehrsbereich haben wir fast durchweg unsere Forderungen durchgesetzt.

taz: Trotz der Lobeshymnen: Demonstrationen vor dem Rathaus gehören inzwischen zur Tagesordnung. Wäre es nicht sinniger, einer großen Koalition die Drecksarbeit zu überlassen und bei den nächsten Wahlen ein zweistelliges Ergebnis einzufahren?

Hagenah: Aber was nützt dies der Stadt und denen, die jetzt vor dem Rathaus stehen. Das ökologische Umsteuern in einigen Bereichen und viele bestehende Strukturen würden zwangsläufig mit unter das Spardiktat fallen. Wir sind dafür gewählt worden, hier und heute Politik zu machen und nicht um zu zeigen, was ohne uns schief geht.

taz: Trotzdem: Das Herhalten als grünes Mäntelchen bei den Planungen zur Expo und des Stadtwerkeanteilsverkauf haben zu viel Unmut und einigen Parteiaustritten geführt. Fürchten sie nicht, daß sich ihre Partei an der Koalition aufreibt?

Hagenah: Das wird auch weiter so sein und das ist sehr schmerzhaft. Im Haushalt 94 konnten wir es wieder nicht verhindern, daß es einen Haushaltstitel Expo gibt. Das ist eindeutig ein Punkt, bei dem wir uns nicht durchsetzen konnten. Bei den Stadtwerken sehe ich das hingegen anders. Hier wird es lediglich einen Aktienverkauf unter der Sperminorität von 25% geben, womit der energiepolitische Einfluß der Stadt gewahrt bleibt.

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taz: Rot-grün in Hannover also wie in anderen Kommunen und Städten kein Auslaufmodell, sondern ein sozial-ökologisches Reformbündnis?

Hagenah: Zu einer ökologischen Politik ist die SPD nicht willens und aus eigener Kraft auch gar nicht fähig. Da fehlen ihnen Ideen und vor allem Motivation. Schritte wie die energetische Sanierung, die sich ja langfristig auch finanziell auszahlen, würden von der SPD nicht kommen. Grüne müssen die Sozialdemokraten immer wieder zu Zukunftsinvestitionen treiben.

Das Gespräch führten Carsten Krebs und Danyel Reiche