Kurdisches Tee-Haus amtlich versiegelt

■ Bremer Verein vom PKK-Verbot betroffen / Innensenator stimmte zu, Kritik von Grünen und SPD

„Das ist doch kein PKK-Büro. Wir kommen hierher, um uns zu unterhalten, Tee zu trinken und zu lesen.“ Zornig sammelten sich gestern vormittag kurdische Männer vor dem Neustädter Lokal des „Mesopotamischen Kulturvereins“. Um sechs Uhr hatte die Polizei damit begonnen, alles was nach den beiden Anfang des Monats durchgeführten Durchsuchungen noch übriggeblieben war, einzupacken und fortzufahren. Nachdem selbst alle 50 Tische und 200 Stühle abtransportiert waren, blieb nur noch eine gähnend leere Halle zurück, die amtlich versperrt und versiegelt wurde.

Als Mitglied der „Föderation der patriotischen Arbeiter- und Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik“ (FEYK-Kurdistan) fällt der Bremer Mesopotamische Kulturverein unter das gestern von Bundesinnenminister Kanther verfügte PKK-Verbot. Im Land Bremen ist davon außerdem noch der „Kurdische Kulturverein“ im Bremerhavener Stadtteil Geestemünde betroffen. Auch dort wurde das Vereinslokal leergeräumt und versiegelt. Alle Vorstandsmitglieder der beiden Vereine bekamen im Morgengrauen ebenfalls unangemeldeten Besuch der Polizei. Einige Unterlagen und etwas Geld der Vereine sei dabei beschlagnahmt worden, teilte die Polizei anschließend mit.

„Die beschlagnahmten Dinge gehen ins Bundesvermögen über“, teilte der beim Innensenator für die Schließungsaktion zuständige Referent, Horst Heyn. Die Miete für das amtlich geschlossene Lokal müßte der Verein im Prinzip jedoch trotzdem weiterzahlen, so der stellvertretende Leiter des Stadtamtes, Joachim Becker. Sollten einzelne Mitglieder der verbotenen Vereine versuchen, sich wieder neu zu organisieren, könnte das Bremer Stadtamt solche „Folgevereine“ ebenfalls wieder verbieten, sagt Heyn.

Auch in Niedersachsen sind zwei kurdische Vereine in Celle und Hannover von dem PKK-Verbot betroffen. Ebenso wie in Bremen wurden deren Lokale und die Wohnungen der Vorstandsmitglieder gestern am frühen Morgen durchsucht. Dem PKK-Verbot des Bundesinnenministers war am Donnerstag ein Beschluß der Innenministerkonferenz der Länder vorausgegangen. Dort hatte auch Bremens Innensenator Friedrich van Nispen (FDP) dem Verbot zugestimmt.

Scharfe Kritik an diesem Vorgehen übte gestern der Sprecher der grünen Fraktion in der Bremer Bürgerschaft, Martin Thomas. Angesichts der „unverantwortlichen deutschen Waffenlieferungen an das Nato-Land Türkei“ könne das PKK-Verbot „nur als Freundschaftsdienst der Bundesregierung an das türkische Militär verstanden werden“. Thomas befürchtet, daß damit „tausende in Deutschland lebende Kurden getroffen und diskriminiert werden, die sich mit friedlichen Mitteln für die Autonomie Kurdistans einsetzen“.

Ähnlich äußerte sich auch die ausländerpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Barbara Noack. Das Verbot werde die PKK in Deutschland lediglich in den Untergrund zwingen, und „vor allem wird die türkische Regierung das Verbot als Zustimmung zu ihrer Unterdrückungspolitik gegenüber dem kurdischen Volk interpretieren“.

Auch die SPD-nahe kurdische Organisation „Komkar“ nannte das Verbot ihrer Konkurrenzorganisation PKK gestern ein „untaugliches Mittel“. Ein Bremer Vorstandsmitglied der Komkar zur taz: „Wer garantiert uns denn, daß wir nicht die nächsten sind, die verboten werden?“

Groß war die Empörung unter den Kurden, die sich gestern vor ihrem versiegelten Vereinslokal versammelten. Rund 8000 KurdInnen leben in Bremen, ungefähr 1000 davon zählten zum Umfeld des Mesopotamischen Kulturvereins. „Wir wissen überhaupt noch nicht, wie es weitergeht“, sagte gestern einer von ihnen, „aber wir werden hier auch nicht einfach vor der Tür sitzenbleiben.“ Ase