Befehl an Bärenquell: Weg damit!

■ Werbung mit Knautschdose in zweiter Instanz verboten / Richter findet kecken Bierpullen-Slogan „unnötig kraß“

Die Bärenquell-Brauerei darf nicht mehr mit dem Slogan „Weg damit – Her damit“ für Mehrwegflaschen werben. Dies beschloß gestern per einstweiliger Verfügung der 5. Zivilsenat des Berliner Kammergerichts. Er folgte damit dem Antrag der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. In erster Instanz hatte das Landgericht der Brauerei Recht gegeben.

Eine zerknautschte Weißblechdose hatte die Wettbewerbshüter auf den Plan gerufen, dazu der Spruch „Nur Mehrweg. Nur echter Geschmack“ unter der Bärenquell-Flasche. Durch Plakat und Handzettel würden ein ganzes Verpackungssystem und dessen Nutzer diskreditiert.

Die Bier-Brauer hätten im Verfügungsverfahren nicht glaubhaft machen können, daß die Mehrwegflasche das überlegene Verpackungssytem sei, pflichtete der Vorsitzende Richter Vinzenz Bornemann bei. Zudem sei der Slogan „unnötig kraß“ formuliert.

Bärenquell-Anwalt Paul Hertin zeiget sich gegenüber der taz enttäuscht: Der Zivilsenat habe sich nicht getraut, die vorgelegten Zahlen einer vom Fraunhofer-Institut erstellten Öko-Bilanz „wenigstens grob über den Daumen zu bewerten“. Bei Entfernungen bis zu 150 oder gar 250 Kilometern zwischen Abfüllung und Verkaufsstelle habe sich „die turmhohe Überlegenheit“ gezeigt. Da Bärenquell nur regional vertrieben werde, sei der ökologische „Vorteil der Mehrwegflasche gegenüber Einweggebinden eklatant“, der angestellte Vergleich also zulässig.

Der Vorteil innerhalb der Region sei unstrittig, gestand Bornemann zu, doch sei die Aussage des Plakats allgemeingültig formuliert. Die Studie zeige bei Entfernungen ab 600 Kilometern aber auch Nachteile der Mehrwegflasche, vor allem durch die Transportwege. Dosenbier von Brauereien außerhalb Brandenburgs werde daher vielleicht ungerechtfertigt verunglimpft. Auf den Einwand von Anwalt Hertin, daß die weitgereiste Dose gegenüber der nur kurz transportierten Mehrwegflasche erst recht unterliegen müsse, gingen Bornemann, Karl Hopp und Ulrich Crass nicht ein. Der Anwalt gegenüber der taz: „Erklären Sie es bitte den Richtern.“

Zu einer Einigung und dem freiwilligen Verzicht von Bärenquell auf die umstrittene Werbung kam es nicht, da die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs die von Geschäftsführer Dietmar Lewerenz erbetene Aufbrauchfrist von zwei Monaten nicht gewähren wollte. „Spätestens bis zum 31. Dezember“, forderte Anwalt Leithold. Damit hätten alle Werbematerialien in der Weihnachtszeit und zu einem höheren Preis angefertigt werden müssen. „Lieber lassen wir uns verurteilen“, lehnte Lewerenz ab. Er hielt damit die Möglichkeit offen, den Streit in einer Hauptverhandlung grundsätzlich klären zu lassen. Christian Arns