■ Das Portrait
: Die Kiwiinnen

Kiwis? Davon gibt es, vor allem in Neuseeland, viele Sorten. Der Kiwi (oder auch: kiwi bird) ist der langschnäbelige Wappenvogel der kiwis, wie sich die Neuseeländer selbst gern nennen; und nur kiwi fruit, keineswegs kiwi, heißen die Früchtchen, die wir hierzulande als Kiwi verspeisen. Hier soll es um die Kiwis als Menschen gehen. Und aus gegebenem Anlaß allein um die weiblichen Kiwis, also die Kiwiinnen. Bei den Parlamentswahlen am 28.11. 1893 konnten Frauen erstmals von einem allgemeinen, freien und gleichen Wahlrecht Gebrauch machen. Weltpremiere vor 100 Jahren – im abgelegenen Neuseeland. Vorausgegangen waren 25 Jahre heftiger Debatten, giftigen Streits und Petitionen im Parlament, bis neuseeländische „Frauenrechtsbüros“ das Wahlrecht erstritten hatten.

In diesem Jahr feiert das kleine Land am Weltenrand seine emanzipative Vorreiterrolle. Den Großmüttern der frühen Frauenbewegung werden Denkmäler gesetzt, Gedenkveranstaltungen wechseln mit Ausstellungen, Vorträgen, Streitgesprächen. „Kiwi Women in Action“ heißt ein eigens aufgelegtes Sportprogramm. Und mit dem schönen, mehrfach interpretierbaren Slogan „Bushwise Women“ wirbt eine Reisekooperative für männerfreie Exkursionen in die Weiten der subtropischen Regenwälder.

Neuseeländerinnen Foto: taz-Archiv

Heute gibt es eine Reihe von weltberühmten Nachfolgerinnen der Erstkreuzfrauen von 1893: etwa die vielfach preisgekrönte Schriftstellerin Keri Hulme (Erfolgswerk: „The bone people“, auf deutsch: „Unter dem Tagmond“). Oder Jane Campion, die bei den Filmfestspielen in Cannes dieses Jahr für ihren Film „Das Piano“ die Goldene Palme für Regie gewann – als erste Frau überhaupt. Annelies Coberger war 1992 die erste Frau, die für einen pazifischen Staat eine Olympiamedaille bei nordischen Disziplinen gewann (Abfahrtssilber, Albertville). Und die Halbmaori Kiri Te Kanawa vom London Philharmonic Orchestra ist eine der gefeiertsten Sopranistinnen.

Nach der letzten Parlamentswahl haben Neuseelands Frauen prozentual fast doppelt so viele Abgeordnetensitze wie hierzulande: knapp ein Viertel. Und dennoch ist es in New Zealand ausgemachte Sache, daß eine Frau bald abgesägt wird: Königin Elisabeth Two als formelle Staatsoberhäuptin. Bernd Müllender