Erfolg für Ankara Bonn verbietet kurdische PKK

■ Polizei durchsucht 160 kurdische Einrichtungen / Abschiebungen befürchtet

Berlin/Oybin (taz/dpa) – Das türkische Fernsehen unterbrach sein Programm, um die Meldung aus Almanya gleich loszuwerden. Mit „tiefer Befriedigung“ habe die türkische Regierung das Verbot der Arbeiterpartei Kudistans (PKK) und deren Nebenorganisationen in Deutschland zur Kenntnis genommen. Am Freitag morgen verkündete Bundesinnenminister Kanther am Rande der Innenministerkonferenz im sächsischen Oybin, man habe sich jetzt zu dem Verbot entschlossen, da die Bundesregierung nicht länger gewillt sei, Gewalttaten der PKK hinzunehmen. Betroffen sind 35 Teilorganisationen in elf Bundesländern, darunter die Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK), die Berxwedan Vertrags GmbH, die Nachrichtenagentur Kurd-Ha, die Föderation der patriotischen Arbeiter- und Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. und das Kurdistan-Komitee. Kanther forderte die in Deutschland lebenden Kurden auf, der PKK ihre Unterstützung zu versagen. Die ehemaligen Mitglieder der PKK-nahen Vereine hätten jetzt die Chance, „sich vom Druck der PKK zu lösen“. Ausdrücklich wandte er sich gegen die Erwartung, mit dem Verbot der PKK wäre ein Ende der Anschläge besiegelt. „Ich erwarte nicht“, stellte er klar, „daß alle illegalen Organisationen und Gruppierungen nun ihre Tätigkeit einstellen.“

Deutliche Worte an die türkische Regierung blieben dagegen dem nordrhein- westfälischen Innenminister Herbert Schnoor vorbehalten. Die PKK-Gewalttaten werden nicht beendet werden, solange die „repressive Politik in der Türkei“ gegenüber den Kurden anhalte. „Bedauerlicherweise“ setze die türkische Regierung auf militärische Aktionen gegen die Kurden und nicht auf eine politische Lösung der Kurdenfrage. Nur durch Zulassung von demokratischen, kurdischen Parteien als Alternative zur PKK könne vermieden werden, daß Kurden in die Arme der PKK getrieben werden.

Zur Durchsetzung des Verbots begann die Polizei, in elf Bundesländern am frühen Freitag morgen kurdische Einrichtungen zu durchsuchen. Die meisten der insgesamt 160 Razzien fanden in Nordrhein- Westfalen statt, wo in Köln auch die Zentrale der PKK-Unterstützungsorganisation vermutet wird. Im Kölner Kurdistan- Komitee räumte die Polizei flächendeckend ab. Sämtliche Möbel bis hin zu Papierkörben und Jalousien fielen den polizeilichen Expediteuren zum Opfer. Eine Auswertung der beschlagnahmten Papiere soll in den nächsten Tagen vorgenommen werden. Nach Ansicht des Verbandes der Vereine aus Kurdistan (Komkar) schweben jetzt Hunderte Kurden in der Gefahr, in die Türkei abgeschoben zu werden. Es drohe „deren Liquidierung dort durch staatliche Institutionen“, heißt es einer Erklärung. Das Verbot löse die Probleme nicht. Das Verbot sei aus politischer Opportunität ausgesprochen worden. In Bonn würden „die vielfältigen politischen, wirtschaftlichen und strategischen Interessen mit der Türkei“ die Kritik an der Kurdenpolitik Ankaras überwiegen. dek

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