Elektro-Lkw für die City?

■ Warennachschub für die Innenstadt soll „stadtverträglich“ verteilt werden

Mitten in der Nacht brummt ein LKW durch Bremens Innenstadt. Natürlich emissionsreduziert. Natürlich mit vollverkapseltem Motor, ein „Flüster-LKW“. Ohne Stau erreicht er schnell das Postamt 5 am Hauptbahnhof, in dem das sog. City-Terminal (CiTe) untergebracht ist. Ruck-Zuck ist der Wagen entladen, auf dem Rückweg nimmt er verbrauchte Umverpackung mit. Morgens schwärmen kleine, leise surrende Elektrotransporter aus, um die CiTe-Kundschaft zu beliefern: Apotheken und Schuhgeschäfte, Optiker und Behörden (Papier!), Karstadt und Horten, Modegeschäfte und Drogerien. Natürlich haben die Elektromobile eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Fußgängerzone bekommen: statt der einen Stunde morgens dürfen sie jetzt bis Mittag anliefern.

Ein Szenario, für das sich nicht nur die verbliebenen InnenstadtbewohnerInnen erwärmen könnten. Auch die Speditionen, die am Verteilerverkehr der City beteiligt sind, verdienen mit einem in der Rushhour eingeklemmten LKW kein Geld. Selbst die unmittelbar betroffenen Behörden, das Wirtschafts- und das Stadtentwicklungs- und Umweltressort, diskutieren die Ideen des sog. „Dornier- Gutachtens“ zur Optimierung der Verteilerverkehre. Zentrale Idee der Planer: Die riesigen Warenmengen sollen künftig mit kleinen und stadtverträglichen Fahrzeugen „feinverteilt“ werden. Dabei könnte ein City-Terminal (auch denkbar in einem nicht ausgelasteten Parkhaus) noch eine Reihe von Servicefunktionen übernehmen: Etikettieren, Aufbügeln, Lagern...

Die Projektplaner von Dornier sind von Anfang an beteiligt gewesen an einem höchst ambivalenten Bremer Großprojekt, dem Güterverkehrszentrum (GVZ) im Niederviehland beim Neustädter Hafen. Dort entstand (und wächst unaufhörlich) ein flächenfressendes Güterumschlag-Zentrum mit etlichen Speditionen, dem Roland- Umschlag auf die Bahn, einem großen Paketdienst und demnächst dem Post-Frachtgut-Umschlag. Das bedeutet bisher: Grünflächenverbrauch und im weiten Umkreis verstopfte Haupt- und Schleichstraßen.

Gut für die Umwelt sollte immerhin ein kleines, mit ordentlich PR-Rummel gestartetes Projekt der GVZ-Entwicklungsgesellschaft sein: die „City-Logistik“. Das Modellprojekt wurde vom Bundesbauminister sowie einem lokalen Automobilbauer gefördert. Nach langem Dümpeln in der Bedeutungslosigkeit fahren jetzt unter dem neuen chef Hans-Joachim Riemek tatsächlich 12 weiße Laster der „City“ durch Bremen. Sie sammeln alle kleineren Posten der im GVZ ansässigen Spediteure, stellen sinnvolle Touren zusammen und vermeiden so, daß für jede Palette Haarwasser extra ein Brummi in die Innenstadt aufbricht, der hin und zurück zur Stoßzeit locker 1 1/ 2 Stunden unterwegs sein kann. Die „City-Logistik“ hat inzwischen eine ganze Reihe Touren ins Umland akquiriert und ist so groß geworden, daß sie wohl zum Jahreswechsel zur GmbH wird.

Das Innenstadtlager inclusice Auslieferung mit E-Fahrzeugen wäre konsequentes Weiterenken der City-Logistik auf dem Weg zur (fast) LKW-freien Innenstadt. Finden alle Beteiligten, ob im Wirtschaftsressort, bei Ralf Fücks–Stadtentwicklern oder auch in Riemeks „City-Logistik“. Der scharrt schon in den Startlöchern. Nur, wer das teure Projekt bezahlen soll, weiß noch niemand. Heinrich Möller, als Projektleiter in der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) zuständig für das GVZ, bezweifelt, daß sich so etwas rechnet. Er erwartet lieber von einem veränderten Ladenschlußgesetz eine Entzerrung des City-Verkehrs. Die für Verkehrsplanung zuständige Referentin beim Wirtschaftssenator, Martha Pohl, die die Diskussion um eine Neuorganisation der Warenströme nach Bremen „moderiert“, hat demgegenüber ein gutes Argument dafür, daß Bremen hier bundesweit den Vorreiter macht: „Wenn man schon ein GVZ hat, ist es relativ einfach, die Bündelung des Innenstadtverkehrs zu vollziehen.“ Im Augenblick wird die Idee „City-Terminal“ erstmal ausführlich von der in Bremen ansässigen Deutschen Außenhandels- und Verkehrsakademie untersucht - zwecks Erstellung eines Gutachtens. bus