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„Viel Glück“ in Genf

■ Bosnien hat für Clinton- Administration keine Priorität

Washington (taz) – Die einen nennen es Pragmatismus, die anderen puren Zynismus, Lawrence Eagleburger hält es für eine „lausige Idee“: Den Vorschlag der Europäischen Union (EU), den bosnischen Serben noch ein wenig von ihrer Beute abzuringen. Zusätzlich vier Prozent sollen sie an die Muslime abtreten. Von der Belohnung würde in erster Linie der serbische Präsident Slobodan Milošević profitieren: Die Suspendierung eines Teils der Sanktionen – ein Geschenk kurz vor den Wahlen am 19. Dezember.

Die Meinung Eagleburgers ist politisch nicht mehr so relevant wie noch zu Zeiten, als er noch US-Außenminister der Bush-Administration war. In der Clinton-Administration denkt man zwar ähnlich, formuliert sich aber diplomatischer: „Wir wünschen den Europäern viel Glück“, erklärte ein namentlich nicht genannter Vertreter des US-Außenministeriums der Washington Post, „aber wir sind anderer Auffassung darüber, wann es an der Zeit ist, die Sanktionen aufzuheben.“

Sollten die Sanktionen erst gelockert werden, so die Position im State Department, würden sie bald ganz aufgehoben. Damit hätte man sich dann jeden Druckmittels entledigt, die Konflikte in serbisch besetzten Gebieten in Kroatien oder im Kosovo zu lösen. Das Problem ist: Weder hat die Clinton- Administration einen Alternativ- Vorschlag, wie die Kämpfe in Bosnien-Herzegowina gestoppt werden könnten, noch hat Eagleburger eine bessere Idee, die er der Regierung einflüstern könnte.

Der im Mai von US-Präsident Clinton vorgeschlagene Plan, das Waffenembargo gegen die bosnischen Muslime aufzuheben und die Serben gleichzeitig mit Luftangriffen unter Druck zu setzen, scheiterte am Einspruch Frankreichs und Großbritanniens. Die offiziell nie aufgehobene Drohung der Nato, man werde serbische Stellungen bombardieren, sollten diese weiterhin Sarajevo strangulieren, blieb ohne Folgen. Was die Effektivität von Sanktionen angeht, so müssen sich die USA in einem anderen Fall, Haiti, gerade eingestehen, daß Sanktionen wenig nützen, wenn sie nicht Bestandteil einer politischen Handlungsstrategie sind.

Mehr noch als Haiti ist das Thema Bosnien-Herzegowina auf der Liste der politischen Prioritäten der Clinton-Administration nach unten gerutscht. Der Krieg gegen die ehemalige jugoslawische Republik war einmal der Präzedenzfall für die Clinton-Administration, an dem nach Ende des Kalten Kriegs Meilensteine für humanitäre und völkerrechtliche Grundsätze sowie für Strategien der kollektiven Sicherheit gesetzt werden sollten. Inzwischen hat der amerikanische Außenminister Warren Christopher den Krieg der Serben und Kroaten um Bosnien- Herzegowina zum ethnischen Konflikt herabgestuft – furchtbar zwar, aber für Washington nicht mehr so wichtig.

Auch der öffentliche Druck hat nachgelassen. Wie so häufig, wenn man wieder und wieder mit Fernsehbildern von Kriegsopfern konfrontiert wird, münden Mitleid und Emphatie irgendwann in Ungeduld und die Frage, warum die bosnische Regierung nicht endlich irgendein „Friedens“abkommen unterzeichnet.

Nicht zuletzt möchte man in Washington weitere Streits mit der EU vermeiden. Außenminister Christophers Äußerung im Oktober, die US-Außenpolitk sei zu „eurozentristisch“ sowie das deutlich zur Schau getragene Interesse der USA am Wirtschaftsraum Asien haben in Westeuropa für Aufregung gesorgt. Konkrete Streitpunkte wie Gatt, Nato, aber auch mehr oder weniger laute Mißstimmungen mit einzelnen westeuropäischen Ländern ergeben genügend Konfliktstoff, den es einzudämmen gilt, bevor US-Präsident Clinton im Januar zum Nato-Gipfel nach Europa reist. Andrea Böhm

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