Leichentests sorgen weiter für Wirbel

■ Nach Heidelberg und Hannover nun auch Hamburger Uni-Klinik in der Diskussion / Totenköpfe beschossen / Heftige Kritik von Bischof Lehmann

Hamburg (AP) – Die umstrittenen Tests mit Menschenleichen zu Forschungszwecken sorgen weiter für Wirbel. Nach den Enthüllungen über Crashversuche in Heidelberg und Hannover wurde am Wochenende bekannt, daß an der Hamburger Universitätsklinik Eppendorf zu kriminalistischen Zwecken Köpfe und Körper von Toten mit Dumdum-Munition beschossen wurden.

Das Hamburger Abendblatt berichtete von entsprechenden Versuchen in der Hansestadt von Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Dabei sei auf Leichen eingestochen und auf mindestens 113 Totenschädel geschossen worden. Die Körperteile stammten den Angaben zufolge aus der Anatomie des Krankenhauses. Die Ergebnisse der Versuche seien im Archiv für Kriminologie dokumentiert. Mit den Untersuchungen wollten die Forscher offenbar unter anderem die „Wundballistik verbotener Revolvermunition“ testen. Die Angehörigen der Toten wurden nach diesen Informationen nicht grundsätzlich um ihr Einverständnis gebeten. Der Testleiter sitze heute in der Ethik-Kommission der Klinik.

In der vergangenen Woche hatten Berichte über Crashtests mit Leichen an der Heidelberger Universitätsklinik und der Medizinischen Hochschule Hannover eine Welle der Empörung ausgelöst. In Heidelberg waren seit den 70er Jahren rund 200 Leichen, darunter auch Kinder, zu solchen Versuchen benutzt worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen, ob in allen Fällen das Einverständnis der Eltern vorlag.

Der Heidelberger Rechtsmediziner Mattern sagte in einem Interview der Frankfurter Rundschau, solche Versuche seien notwendig, um Risiken für schwere Verletzungen bei Verkehrsunfällen zu erforschen. Mit diesen Forschungen solle den Menschen geholfen werden. Entschieden widersprach Mattern Darstellungen, bei den Versuchen in Heidelberg seien Leichen zerfetzt oder gar Kinderkörper zertrümmert worden. Die Crashtests würden lediglich bei 30 bis 50 Stundenkilometern durchgeführt.

Scharfe Kritik an den Tests äußerte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann. In einem Gastkommentar in der Mainzer Allgemeinen Zeitung schrieb er: „Diese wohl gut gemeinte Praxis offenbart einen Umgang mit dem Menschen, der ganz und gar nicht akzeptiert werden kann. Hier kommen ein Verhalten und eine Einstellung an den Tag, die gegen die menschliche Würde verstoßen.“ Der leblose menschliche Körper sei „nicht einfach ein beliebiges Ding, das man nach allen Seiten und für alle Zwecke gebrauchen kann“.