Leiser Hammer

■ Graffiti-Versteigerung für Unicef geriet zum Flop    Von Kaija Kutter

Dem guten Zweck wurde gestern nur ein kleines bißchen gedient. Von den 400 Firmen, die der HVV zur Versteigerung von 22 Graffiti-Kunstwerken eingeladen hatte, war keine gekommen. Dafür umringte ein Pulk von Fotoreportern Kultursenatorin Christina Weiss, die sich bereit erklärt hatte, die Aktion zu Gunsten von Unicef durchzuführen. Denn Hamburg ist 1993 bekanntlich Partnerstadt der Kinderhilfsorganisation. Bislang kamen 2,5 Millionen Mark zusammen.

Ein Exponat sollte mindestens 1000 Mark kosten. Eine Tatsache, die die anwesenden Journalisten verlegen auf ihre Schreibblocks starren ließ, hatte doch in der Einladung gestanden „Wir würden uns freuen, Sie mit Block, Mikro - oder gar einem Gebot Ihrer Chef-Redaktion - bei der Versteigerung zu sehen“. Den letzten beißen die Hunde. Dabei hatte der HVV nicht einmal geboten, als ein Graffiti-Bild mit den gesprühten Initialen ihres Unternehmens zum Verkauf geboten wurde. „Kein Angebot. Na, dann das nächste bitte“. Die parteilose Senatorin, die nur viermal den Hammer fallen lassen konnte, stand die Sache tapfer durch. Es handele sich bei der Versteigerung um eine „Grenzüberschreitung“, hatte sie zu Beginn gesagt. Denn „Graffiti zu verkaufen, das geht gar nicht“. Es seien Ereignisse, die über Nacht entstehen, „ein Stück Stadtwirklichkeit, für das ich den Leuten persönlich dankbar bin“.

Bei den Bildern handelt es sich um bemalte Holzplatten in Plakatwandgröße, die im Rahmen eines HVV-Wettbewerbs im Mai entstanden waren. Die Exponate standen mehrere Monate vor dem HEW-Hochhaus in der City-Nord, was dazu führte, daß zwei Bilder geklaut wurden. Ein Galerist, der mit Graffiti-Kunst handelt, sagte, er habe einen Verdacht, wer die Diebe seien. Die großen Bilder sind inzwischen auch als Schmuck für Büros und Zahnarztpraxen beliebt, manche Künstler haben bereits einen höheren Marktwert als die 1000 Mark Mindestgebot. Eine Kunstinteressierte hatte mit dem dreifachen Preis gerechnet. Sie kaufte gleich noch zwei weitere für die Zimmer ihrer Kinder.

Es gelte bei Sprayern „deutlich zu unterscheiden zwischen denen, die nur ihr Zeichen malen, und denen, die wirklich Kunstwerke produzieren“, sagte ein Vertreter des HVV. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Eine Formel, mit der versucht wird, die Graffiti-Szene zu zähmen. Die Kids springen darauf an, viele waren stolz, ihren Künstlernamen im Katalog wiederzufinden, und hoffen auf Nachfolgeaufträge. Andere blieben lieber anonym. Es gebe den Verdacht, daß der Wettbewerb illegale Sprayer aufspüren sollte, sagte einer. Sie würden von der Sonderkommission-Graffiti wie Schwerkriminelle verfolgt. Erst kürzlich habe sich ein Freund vor Gericht verantworten müssen - 25.000 Mark sollte er zahlen.

Der HVV gibt im Jahr 14 bis 16 Millionen Mark für die Reinigung von Waggons und Bahnhöfen aus. taz-Vorschlag: Die HVV-Nutzer erklären sich bereit, im nächsten Jahr auch illegale Graffiti schön zu finden. Das Geld wird Unicef gestiftet.