Hab ich zu Kühnes gewagt?

■ "Frauen in der Aufklärung", heute: Hannelore Cyrus über vergessene Bremerinnen

Hab ich zu Kühnes gewagt?

„Frauen in der Aufklärung“, heute: Hannelore Cyrus über vergessene Bremerinnen

„Hab' ich zu Kühnes gewagt?“ fragt die Bremer Historikerin Hannelore Cyrus heute abend rückblickend auf das Leben Bremer Künstlerinnen. In einem Salon anläßlich des Festivals „Frauen in der Aufklärung“ stellt sie das Schaffen ausgewählter Frauen vor. Die taz hatte vorher schon einige Fragen.

Wen haben Sie alles entdeckt?

Zwei Schriftstellerinnen und eine Komponistin. Alle waren von den Idealen der Aufklärung, von der Idee von Freiheit und Gleichheit inspiriert. Im etwas zurückgebliebenen Bremen gaben sie sich sehr vorsichtig. Elise Rheindahl zum Beispiel betonte, daß sie ihre Gedichte in den Erholungsstunden schrieb, um sie „auf den vaterländischen Altar“ zu legen. Da klang sie noch sehr devot, obwohl sie in ihren Gedanken schon sehr kühn war: Weil sie Rollenstereotype aufbrach. In dem einzigen Schauspiel, das sie geschrieben hat, geht es um Freiheitskämpferinnen, die in Männerkleidung und mit der Waffe in der Hand gegen Napoleon kämpften. Im Stück löst sie die Klischeerollen von der Heldenjungfrau oder der Geliebten auf, die dem Mann im Felde nachgeht. Ihre Hauptfigur Eleonore ging nicht aus Liebe zu einem Mann, sondern aus Vaterlandsliebe. Die zweite Schriftstellerin heißt Hedwig Hülle. Sie übertrug die Odyssee des Homer aus dem Griechischen in Verse. Ich kenne nichts Vergleichbares. Zwar lernten Frauen zu ihrer Zeit Griechisch und Latein - aber daß sie sich an Homer gewagt hat, finde ich einmalig.

Wie reagierte man in Bremen?

Sehr zurückhaltend. Daß eine Frau wie Hedwig Hülle sich an Homer wagte, fand man geradezu entsetzlich. Bremen war stark durch den Calvinismus geprägt. Man nahm sowohl Männer als auch Frauen in strenge Zucht und war fromm bis frömmelnd.

Über meine dritte Entdeckung bin ich übrigens ganz besonders froh: Es ist Elise Müller, die Tochter des Domkantors. Sie wurde Goethe schon damals als einfühlsame Pianistin vorgestellt. Aber sie war auch Komponistin - und weil schon Zeitgenossen sie schätzten, habe ich mich auf die Suche begeben und in letzter Sekunde noch ein Werk ausfindig gemacht. Das vierstimmige Chorwerk wird mogen aufgeführt. Eva Rhode

Ort:Focke-Museum, 18.30 Uhr