Kurdischer Kulturverein wieder besetzt

■ „BRD zum Kriegsgebiet erklärt“ / Angst vor der Räumung, doch die Polizei denkt nicht daran

Hochbetrieb beim „Mesopotamischen Kulturverein“ in der Langemarckstraße. Wo am Samstag nach dem Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei PKK noch das Siegel der Polizei geklebt hatte, steht seit Sonntag die Tür wieder offen. Rund fünfzig Menschen, darunter Frauen und Kinder, halten die Teestube besetzt. Für heute nachmittag ist eine Demonstration geplant. Unterdessen geht die Kritik an den Verboten weiter. Der Grüne Martin Thomas rückte deutlich vom Innensenator ab.

Trotz, das war gestern vormittag das vorherrschende Gefühl bei den BesetzerInnen: Auch wenn ihre Vereine als Vorfeldorganisationen der PKK verboten seien, sie wollten ihre Versammlungsräume nicht kampflos aufgeben. Sie tanzten, sangen, skandierten Parolen – machten sich Mut, denn die Angst vor der Räumung ging um. Doch noch denkt die Polizei nicht daran einzugreifen. „Laissez faire“, hieß es von der Polizeipressestelle. Am Sonntag waren einige Wagen angerückt, die Beamten dann aber unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Gestern nachmittag waren abermals zwei Polizisten aufgetaucht: Die Nachbarn hätten sich beschwert, sowieso sei die Aktion illegal und wenn die Kurden das Feld nicht freiwillig räumten, dann würden sie geräumt. Schon diese vage Andeutung führte zu einem Notruf an die Presse. Bei der Polizei hingegen hieß es, die Räumung sei „noch gar nicht angedacht.“

Das Verbot sei absurd, sagte Beyram Arslan vom Vorstand des Kurdistan-Komitees, das ebenfalls Opfer des Verdikts der Innenminister geworden ist. „Die PKK ist Realität in den Köpfen und Herzen, diese Realität muß akzeptiert werden.“ Mit dem Verbot habe die Bundesregierung „die BRD zur Kriegspartei erklärt“. Aber das heiße noch lange nicht, nun werde der Krieg auf deutschem Boden ausgetragen. „Wir werden versuchen, politisch zu kämpfen. Wenn alle emotional reagieren würden, hätten wir hier jeden Tag Anschläge.“

Die politischen Aktionen gegen das PKK-Verbot sollen heute um 17 Uhr mit einer Demonstration vom Hauptbahnhof aus weitergehen. Morgen sollen dann Innensenator van Nispen und Bürgermeister Wedemeier Besuch von zwei Delegationen bekommen. Dabei wird es sicherlich auch um die Anschläge Anfang November gegen türkische Geschäfte und Reisebüros gehen, bei denen es einen Toten gegeben hatte. Unter anderem mit diesen Anschlägen war das Verbot der PKK begründet worden. Von den Besetzern gab es dazu zwar Verständndis, aber auch erste vorsichtige Distanzierungen. „Hinterher ist man immer schlauer. Natürlich muß das diskutiert werden.“

Unterdessen verschärften die Grünen ihre Kritik an den Verboten. Martin Thomas, innenpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion: „Das Verbot hat zur Solidarisierung mit der PKK geführt.“ Im schlechtesten Falle könne das Verbot dazu führen, daß nun der türkisch-kurdische Konflikt nach Deutschland getragen werde und Deutsche in der Türkei in den Konflikt gezogen würden. „Das ist eine politische Sackgasse, zumal es so aussieht, als sei das ein Versammlungsverbot für Kurden insgesamt. Das wäre dramatisch.“ Selbst beim Verfassungsschutz wächst die Kritik: Nach den Anschlägen sei zwar „ein Zeichen“ nötig gewesen, sagte Lothar Jachmann, zweiter Chef der Bremer Schlapphüte. „Aber die Verfassungsschutzbehörden haben schon früher gesagt, daß sie von einem Verbot nichts halten.“ J.G.