„Menschenopfer sind ihnen lieber“

■ Langenhorner Arzt: Fuhlsbütteler Fluglärm macht krank

„Es besteht kein öffentliches Interesse, den Fällen nachzugehen.“ Diese kategorische Einschätzung der Staatsanwaltschaft bekamen BürgerInnen zu hören, die gegen die Flughafen Hamburg GmbH Anzeige wegen Körperverletzung erstattet hatten, weil sie unter der Lärmbelastung durch den Fuhlsbütteler Flughafen gesundheitlich und psychisch leiden.

Daß es sich dabei aber nicht etwa um Überempfindlichkeiten handelt, belegen die Erfahrungen von Ärzten. Vor allem in Stadtteilen wie Norderstedt, Garstedt und Quickborn, wo der Fluglärm besonders hoch ist, spüren die Menschen die Folgeerscheinungen der permanenten Start- und Landegeräusche.

Doktor Herbert Richter-Peill, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Langenhorn, berichtet von „etlichen PatientInnen, deren Beschwerden sich erst linderten, nachdem sie weggezogen waren.“ In seiner Praxis erfahre er täglich, daß Fluglärm krank mache. Bereits bei jedem zweiten seiner PatientInnen diagnostiziere er „Fluglärm als Mitverursacher diverser, vor allem psycho-vegetativer Störungen“. Sie klagen vor allem über Herz-Kreislauf-Probleme, Depressionen, Konzentrationsschwäche, Kopf- und Magenschmerzen.

Der BIG (Dachverband der Bürger-Initiativen gegen Fluglärm Hamburg e.V.) bemüht sich schon lange um ein medizinisches Gutachten, das die Auswirkungen des Lärms auf Psyche und Gesundheit der Menschen untersuchen soll. Die Mittel dafür seien der Umweltbehörde vor der Bürgerschaftswahl bereitgestellt worden, so die Initiative, bisher jedoch nicht genutzt worden. Bei der Umweltbehörde jedoch ist davon nichts bekannt, sagte Behörden-Sprecherin Sylvia Schwägerl gestern zur taz.

„Wenn der Auftrag für das Gutachten nicht bis Ende dieses Jahres ergeht, verschwindet das Geld im Bermuda-Dreieck der Behörden“, befürchtet Hans Schwarz, Sprecher der BIG-Fluglärm. Um das zu verhindern, hat sich der Verband am Montag schriftlich an Bürgermeister Voscherau, den Senat und die Bürgerschaft gewandt. Das Schreiben wirft dem Senat „die Billigung von Körperverletzung zugunsten einer ausschließlich gewinnorientierten Hamburger Wirtschaft“ vor.

Horst Balzen, zweiter Vorsitzender des Dachverbandes, vermutet, daß Senat und Flughafen GmbH kein lärmmedizinisches und -physiologisches Gutachten wollen, um keine Abstriche bei der Flughafenplanung machen zu müssen: „Menschenopfer sind ihnen lieber.“

Ruth Hoffmann