■ Nachgefragt
: „Wir sind die Lobby“

Lissy Gröner (SPD) ist stellvertretende Vorsitzende des Frauenausschusses im Europaparlament. Dort vertreten 30 ParlamentarierInnen die europäischen Fraueninteressen – auch Männer, da z.B. in Griechenland keine Frau ins Europaparlament gewählt wurde, und auch solche, für die das Wort „Feminist“ ein Schimpfwort wäre, so Lissy Gröner.

taz: Gibt es in Brüssel eine Frauenlobby?

Lissy Gröner: In erster Linie ist das der Frauenausschuß. Wir haben mitgeholfen, eine Frauenlobby zu installieren, weil wir ein Netzwerk der nationalen Frauenverbände haben wollten. Die Koordination wird derzeit von zwei Frauen gemacht und ist bei der Unterschiedlichkeit der Länder schwierig. Und selbst diese Frauenlobby ist vom Ministerrat zu kippen versucht worden, indem man ihnen die Mittel entzogen hat. Ein Unternehmen wie Siemens leistet sich eine solche Lobby nebenher...

Wirken Länder, die in der Frauenpolitik als „unterentwickelt“ gelten, als Bremser?

Das kommt auf das Thema an. Wir haben zum Beispiel, obwohl uns der Ministerrat das untersagt hat, das Thema Schwangerschaftsabbruch aufgegriffen, da kommen schon Unterschiede zutage. Allerdings eher auf der Linie konservativ gegen sozialdemokratisch. Für die Länder kann man das nicht pauschalisieren; bei der Kinderbetreuung ist z.B die Bundesrepublik immer der Bremser.

Gehen Ihre Ideen über herkömmliche und vielkritisierte Gleichstellungspolitik hinaus?

Wir legen uns da keinerlei Beschränkungen auf. Wir haben unsere Nase im Wind, bekommen aus den anderen Ausschüssen vieles mit. Es passiert häufig, daß auf dem offiziellen Weg die Stellungnahme des Frauenausschusses nicht eingefordert wird. Wenn wir schon nicht gefragt werden, melden wir uns eben zu Wort. Und so können wir Stück für Stück Fraueninteressen umsetzen. Auf eine Feminisierung Europas können wir noch lange warten, also setzen wir eben da an.

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