Sauberer Bahnhof

■ Gegenöffentlichkeit von Berber zu Berber: Der „Kölner Bank-Express“

Der Kölner Bank-Express ist nicht das Hausorgan eines Kreditinstituts, wie der Name erwarten läßt. Das kopierte Din-A5-Heftchen ist eine Zeitschrift „von Berber zu Berber“, wie es auf dem Umschlag heißt, die seit Juni 1992 von der Kölner Stiftung Benedikt- Labre-Hilfe e.V. herausgegeben wird und alle zwei Monate erscheint.

Das öffentliche Interesse an der eigentlich skandalösen Tatsache, daß im Winter 1992/93 mehr als 40 Leute auf der Straße erfroren sind (und in diesem Winter laut Spiegel- Bericht schon zehn), hält sich in Grenzen. Die Resonanz auf Solidaritätsaktionen wie öffentliche „Sleep-outs“ ist gering.

Obwohl der Kölner Bank-Express eigentlich als Organ von Berber zu Berber gedacht ist, erfährt auch der Leser mit Wohnung vieles, das anderen Zeitungen nicht berichtenswert erscheint: zum Beispiel, wie die Kölner Bahnpolizei das 250 Millionen teure Programm „Bavis“ (Bahnhof als Visitenkarte) durchsetzt, indem sie Obdachlose aus dem Hauptbahnhof prügelt, oder daß die Sozialämter keine Schlafsäcke für Obdachlose finanzieren.

Verglichen mit der Frankfurter Monatszeitung Lobby, die ebenfalls über Obdachlose berichtet, verglichen auch mit der britischen Big Issue oder den New Yorker Street News, die ebenfalls zum Teil von Berbern gemacht werden, ist der Kölner Bank-Express unprofessionell gestaltet – fast wie eine Schülerzeitung. Aber noch ist nicht bewiesen, ob man nur mit professionell gemachten Medien wirksam Gegenöffentlichkeit schaffen kann. Gewinn macht die Zeitschrift, die an Obdachlose für 50 Pfennig, an alle anderen für eine Mark abgegegen wird, nicht. Tilman Baumgärtel

Kontakt: „Kölner Bank-Express“, Tel. 0221/247 022