■ Cash & Crash
: Mickey Mouse in der Achterbahn

Berlin (taz) – Die Aktionäre von Euro-Disney, dem angeblich „glücklichsten Land“ der Welt, dürften sich augenblicklich gar nicht glücklich fühlen. Die Betreibergesellschaft der Fantasyanlage in Marne-la-Vallée östlich von Paris hatte Mitte November einen Verlust von 5,3 Milliarden Franc (über 1,5 Mrd. DM) gemeldet — bei einem Umsatz von 5,7 Milliarden Fanc (1,65 Mrd. DM). Mit tollen Gewinnen hatte ja niemand gerechnet, aber das Ausmaß der Verluste überraschte dann doch etwas.

Seit Bekanntgabe der Verluste fuhr der Aktienkurs Achterbahn; mehrfach mußte der Handel ausgesetzt werden. Am Mittwoch letzter Woche stürzte der Kurs der Mickey-Mouse-Aktie an der Pariser Börse um 18,5 Prozent und am Donnerstag um 12,5 Prozent, bevor er sich überraschend noch am selben Tag wieder um acht Prozent erholte. Seither befindet sich der Kurs wieder im Aufwind. Die Aktie, die vor fast genau vier Jahren zu 72 Franc das Stück eingeführt wurde, war am Mittwoch nur noch 27,20 Franc wert, kostet jetzt aber wieder fast 32 Franc.

Daß die Panzerknacker womöglich ihr Betätigungsfeld in die Börse verlegt haben, vermutete daraufhin die Pariser Börsenaufsicht. Sie leitete eine offizielle Untersuchung ein, um sich mit dem merkwürdigen Kurshopsern zu befassen. Die könnten nämlich das Werk von bösen Spekulanten sein, die sich Insiderinformationen zunutze machten. Es kursierten Gerüchte, wonach die Muttergesellschaft, die kalifornische Walt Disney Company, die Erstattung von Euro-Disney-Wandelanleihen (Anleihen, die in Aktien umgewandelt werden können) nicht mehr garantieren wolle. Andere wollten wissen, daß Verhandlungen über eine Direktbeteiligung der Gläubigerbanken an Euro- Disney liefen.

Letzteres erwies sich als durchaus zutreffend. Die Euro- Disney-Manager planen eine Not-Umstrukturierung. Die 60 Gläubigerbanken – von Dresdner Bank bis Bank of Tokyo – möchten zunächst Betriebsprüfungen im Wunderland vornehmen. Disney hofft, die Banken davon zu überzeugen, etwa die Hälfte der Schulden von insgesamt 20,3 Milliarden Franc (5,9 Mrd. DM) in Kapitalbeteiligungen am Unternehmen umzuwandeln. Außerdem sollen eventuell neue Aktien ausgegeben werden, um an noch mehr Kapital zu kommen. Ob das funktioniert, dürfte jedoch wiederum vom Aktienkurs abhängen. Ein Teufelskreis: Je wackeliger, desto weniger werden sich Investoren dafür interessieren. Ohne neues Kapital findet Disney aber auch nicht aus der Krise. Dagoberts Glückstaler ist offenbar in Amerika vergessen worden. lieb