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Besetzung des Frankfurter Kurdenzentrums beendet

■ Multikulti-Dezernent Daniel Cohn-Bendit half, einen Kompromiß auszuhandeln / Kurdische Kulturzentren in mehreren Städten weiterhin besetzt

Frankfurt/Main (taz) — Der ehrenamtliche Dezernent für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt Frankfurt/Main, Daniel Cohn-Bendit (Bündnis 90/Die Grünen), hat gestern für ein friedliches Ende der seit Sonntag andauernden Besetzung des nach dem PKK-Verbot geschlossenen kurdischen Kulturzentrums im Gallusviertel gesorgt. „Ein hartes Stück Arbeit“, kommentierte Cohn- Bendit. Vor den rund 500 BesetzerInnen erklärte er seine Bereitschaft, im Trägerverein des kurdischen Kulturzentrums mitzuarbeiten. Und er übernahm die „Garantie“ dafür, daß der schon am späten Montag nachmittag unter Vermittlung des Multikulti-Amtes ausgehandelte Kompromiß zwischen den kurdischen BesetzerInnen und der Polizei von staatlicher Seite aus eingehalten werden würde.

Der schon für den Vormittag geplante Einzug der Polizei in das besetzte Kulturzentrum war noch an der Uneinigkeit der BesetzerInnen gescheitert. Noch am Montag hatten sich Sprecher der Kurden damit einverstanden erklärt, daß die Polizei das Zentrum nach Druckschriften und anderen Materialen der verbotenen PKK durchsuchen könne — und im Gegenzug die Schließungsverfügung gegen das Zentrum aufgehoben werde. Doch dann setzten sich die radikaleren Kräfte unter den rund 500 BesetzerInnen durch: Das Abkommen sei eine „Finte der Polizei“ — und die Bedingungen unannehmbar. Gestern nachmittag machte dann Multikulti-Dezernent Daniel Cohn-Bendit einen zweiten Versuch, die drohende Eskalation der Gewalt zu verhindern. Die Kurden, so Cohn-Bendit, hätten wie andere in Deutschland lebende Minderheiten auch — „etwa die Sudetendeutschen“ — das Recht, ihre Sprache und Kultur zu pflegen. Das sah offenbar selbst die Polizei so: Der Erhalt des Kulturzentrums, so war aus dem Polizeipräsidium zu hören, liege „im Interesse aller Beteiligten“.

Gegen 14 Uhr war dann gestern der „Durchbruch“ (Cohn-Bendit) bei den Verhandlungen gelungen. Die BesetzerInnen räumten das Zentrum, und die Polizei suchte drinnen mit sechs Beamten nach „verbotenem PKK-Propagandamaterial“. Nach der Durchsuchung sollen sie „ihr“ Kulturzentrum wieder in Besitz nehmen können. Im Gegenzug verpflichtete sich der Trägerverein, einen neuen Verein mit einem Vorstand zu gründen, dem keine Nähe zur PKK nachzuweisen ist.

Auch in Rendsburg, Duisburg, Hagen, Stuttgart, Mannheim, Freiburg, Ulm und Ingolstadt drangen KurdInnen gestern in geschlossene Kulturzentren ein, um gegen deren Schließung zu protestieren. In Bremen verzichtete die Polizei auf die Räumung des Mesopotamischen Kulturvereins, da die rund 50 Besetzer bereits Benzin ausgegossen und gewarnt hatten, sich selbst und das Gebäude anzuzünden. Auch in Nürnberg, wo die Besetzung gestern nachmittag friedlich beendet wurde, hatten KurdInnen mit Selbstverbrennung gedroht. Kpk

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