„Helme ab, Schilder runter, reinlassen“

■ Polizei schürte Aggressivität / Prozeß um Flughafen-Randale begann

Rüffel für Hamburgs Polizei: Der Polizei- und Schlagstockeinsatz am Flughafen Fuhlsbüttel anläßlich der Überführung der Möllner-Mordopfer im November vorigen Jahres ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sehr wahrscheinlich rechtswidrig gewesen. Das erklärte Verwaltungsrichter Dietrich Hölz gestern beim Erörterungstermin. Hölz: „Der Einsatz vor der Charterhalle war nicht in Ordnung und vom Versammlungsgesetz nicht gedeckt.“ Im Februar geht das Gericht in die Beweisaufnahme.

Wie berichtet, war es damals bei der Trauerfeier nach türkischem Brauch am Flughafen zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, weil ein starkes Polizeiaufgebot den TeilnehmerInnen den Weg zur Charterhalle versperrt hatte. Zivilfahnder versuchten unter Schußwaffengebrauch, mehrere Personen festzunehmen, wodurch sich abermals Prügelszenen entwickelten. Zwei Strafverfahren gegen Demonstranten sind derzeit vor dem Landgericht anhängig.

In einer ersten Bewertung – 34 Betroffene haben Klage eingereicht – ging Richter Dietrich Hölz gestern mit der Polizei scharf ins Gericht: „Was später in der Charterhalle geschehen ist, rechtfertigt es nicht, die Trauergäste zunächst nicht reingelassen zu haben. Denn es war in der Charterhalle ergreifend friedlich.“ Schuld an dem Debakel ist laut Hölz der Staatsschutz, der die Polizeiführung fälschlicherweise informiert hatte, die Demonstranten wollten mit Gewalt den Flugverkehr lahmlegen.

Doch nach Ansicht von Hölz hätte die Polizeiführung vor Ort reagieren müssen. In diesem Fall hätten die Einsatzleiter schnell erkennen können, daß es sich um eine Fehlprognose gehandelt habe. Die Devise habe lauten müssen: „Helme ab, Schilder runter, reinlassen!“.

Hölz stellt überdies grundsätzlich das Vorgehen der Polizei in Frage, die vorgibt, den Flugverkehr aufrechterhalten zu wollen: „Wenn ich den Flugverkehr lahmlegen will, dann mach' ich das doch nicht in der Charterhalle, sondern klettere über den Zaun und mache eine Sitzblockade auf der Landebahn.

Für Hölz ist daher ausschließlich die Polizei für die Auseinandersetzungen verantwortlich. „Wenn man die Leute reingelassen hätte, würden wir heute hier nicht sitzen, und es würde auch keine Strafverfahren geben.“

Polizeivertreter Ulrich Ettemeyer zeigte gestern Reue: „Ich teile ihre Auffassung, das wäre alles nicht passiert, wenn die Sache anders gelaufen wäre.“

Kai von Appen