Fliegende Spritzen

■ Zum Welt-Aidstag: Protest vorm Knast

Gestern flogen etliche Care-Pakete über die Knastmauer in Oslebshausen. Inhalt: zwei Einwegspritzen, zwei Kondome, zwei Lakritzschnecken (als Beschwerer), alles eingewickelt in einem Infoblatt des Vereins J.E.S. (Junkies, Ehemalige, Substituierte). Der Verein wollte mit seiner Aktion zum gestrigen Welt-Aids-Tag darauf hinweisen und gleichzeitig dagegen portestieren, daß „immer noch keine Einweg-Spritzen im Knast verteilt werden dürfen“.

„Wenn jemand beim Reinschmuggeln von Spritzen erwischt wird, bekommt er mindestens sechs Monate Urlaubssperre. Die Spritzen werden konfisziert“, berichtete ein ehemaliger Häftling. Meistens würden sich die Drogengebraucher im Knast mit fünf bis sechs Mann eine Spritze teilen, und da sei die Ansteckung mit Aids schon fast vorprogrammiert. Das „Needle-Sharing“ findet J.E.S „unerträglich“.

„Jeder Mensch muß sich gegen Aids und andere tödliche Krankheiten schützen können - auch in Haft!“ heißt es auf dem Flugblatt von J.E.S., das während der Aktion nicht so viele Abnehmer fand. Die etwa 20 Vereinsmitglieder und UnterstützerInnen konnten ihre Wurffähigkeiten gestern unbehelligt testen. „Buten un Binnen“ hatten ursprünglich vor, die Aktion von innen zu filmen. Doch Anstaltsleiter Hoff war nicht zugegen, und so wurde keine Drehgenehmigung erteilt.

An der Demo mit dem Motto „Solidarität mit allen HIV-Positiven und AIDS-Erkrankten Bremens und dieser Welt“ nahmen, laut Polizeiauskunft, etwa 150 Menschen teil. Alles sei „ohne besondere Vorkommnisse“ vonstatten gegangen. Die AIDS-Beratung im Rat & Tat-Zentrum hatte zur Demo aufgerufen. Sie fordert ebenfalls saubere Spritzen für den Knast. vivA