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Frauen besetzen Sozialbehörde

Rund 100 Frauen nahmen gestern für gut zwei Stunden die Bremer Sozialbehörde in Beschlag: Als Protest gegen die am 9. November von der Stadt eingereichte Räumungsklage gegen das Frauenprojekt im Buntentorsteinweg besetzten sie die Straße vor dem Tivoli-Hochhaus und eine Etage des Ressorts. Während von der Hochstraße und der Fassade des Hochhauses Transparente ausgerollt wurden, blockierte ein Bauwagen die Straße; rund 70 DemonstrantInnen mit Kind und Hund harrten dort auf Verhandlungsergebnisse aus dem 15. Stock: Dort drängten 30 Frauen auf ein Gespräch mit Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack, der im letzten Jahr die Verhandlungen für die Stadt geführt und die Räumungsklage veranlaßt hatte.

Mit dem Hinweis auf Nicht- Zuständigkeit sollten die Frauen zunächst abgewimmelt werden. Die machten es sich allerdings mit Kaffee, Keksen und Kerzen gemütlich und blieben hartnäckig: die Lage wurde dann auch für so ernst befunden, daß eiligst ein Blitz-Spitzengespräch mit Frauensenatorin Uhl, Sozialsenatorin Gaertner, dem Neustädter Ortsamtsleiter Fischer und einem Vertreter des Finanzressorts zusammengetrommelt wurde.

Das Frauenprojekt, aus einer Hausbesetzung heraus entstanden und seit Mitte des Jahres wieder ohne Nutzungsvertrag, befindet sich auf städtischem Gelände. Nachdem in der Neustadt Stimmung gegen diesen „Schandfleck“ gemacht worden war, hatten der Beirat Neustadt und die Bürgerschaft eine Neubebauung am Buntentorsteinweg 372 beschlossen. An diesem Beschluß komme man nun einfach nicht mehr vorbei, so die Senatorinnen Uhl und Gaertner: „Die Räumungsklage können wir nicht zurücknehmen. Wir können nur die Suche nach einem Alternativ-grundstück verstärken.“

Trockenes Gelächter bei den Frauen, denen derartiges bereits im Mai fest versprochen worden war und die schon sehr viel länger intensiv suchen: „Wir verlassen uns auf Ihre Zusagen seit einem Jahr, und nichts kommt dabei heraus“, so Anja Fußbach. Die Eskalation wolle niemand, versicherten sich beide Seiten. Dennoch liefe es auf einen Häuserkampf hinaus, wenn die Stadt bei ihrer harten Position bleibt.

Sabine Uhl ließ sich nach und nach Zugeständnisse abringen: so will sie am Dienstag das Problem erneut in den Senat bringen und die einzelnen Ressorts zur Suche nach einem bezahlbaren, akzeptablen Ersatzgrundstück drängen – was bislang Fehlanzeige war. Und an der angeblich unantastbaren Räumung will Uhl nun doch versuchen zu rühren: wenn die Bürgerschaft ihren Beschluß zur Neubebauung zurücknehmen würde, wäre die Räumungsklage hinfällig. Obwohl Uhl ihre eigene Partei vor dem Bürgerschaftsbeschluß nicht für das Frauenprojekt Buntentor hatte gewinnen können, will sie nun auf Parlamentsseite etwas bewegen: nachdem der Ausschuß zur Gleichberechtigung der Frau den Frauen nicht genügte, erklärte sie sich bereit, ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden der Bürgerschaft zu organisieren.

Susanne Kaiser/ Foto: T.V.

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