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: Das Übel an der Wurzel

Im Herbst 91 befanden sich die Jugendlichen des Freizeit-Clubs „Wurzel“ in Marzahn-West auf Fahrradtour nach Stralsund. Unterwegs erfuhr Mitarbeiter Ralph aus der Zeitung, daß sein angeblich schon seit längerem geschlossener Club nunmehr einem „Skin-Projekt“ zur Verfügung gestellt worden war, unter der Leitung des Westberliner Sozialpädagogen Michael Wieczorek. Dieser hatte zuvor als „Streetworker“ im benachbarten Falkenberg ein „Videoprojekt mit Skins“ geleitet, das dann, seiner Meinung nach durch einen diffamierenden RTL-Bericht, gestorben war. In Marzahn hat die PDS 3.000 Mitglieder, etliche machten sich auch einen Kopf über die Verrohung der Sitten unter den dortigen Jugendlichen. Ihnen verriet Wieczorek: „Ich will in die ,Wurzel‘, die ist sowieso immer geschlossen“ (außerdem lief seine ABM-Stelle gerade aus!).

Er schaffte es dann über einen SPD-Überläufer, der zur Belohnung Jugendamts-Direktor in Marzahn geworden war. Dessen Frau hatte sich zur gleichen Zeit mit einer sozialpädagogischen Fortbildungsstätte selbständig gemacht, wo u.a. auch der Ehemann Kurse abhielt. Diesem „Projekt“ half der Verband für sozialkulturelle Arbeit, verzahnt mit dem in Marzahn sehr aktiven Sozialpädagogischen Institut (SPI) der Arbeiterwohlfahrt.

Der Jugendamts-Direktor gab dafür dem SPI die „Wurzel“, die dann Streetworker Michael reinholte, dazu noch eine weitere feste Stelle sowie fünf Honorarkräfte, zwei Kleinbusse und 100.000 DM Sachmittel jährlich – zur Betreuung von 15 Skinheads. Finanziert wurde und wird der ganze Spaß drei Jahre lang vom Familienministeriums-„Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“, kurz „Gewalt-Topf“ genannt. Das funktioniert überall so in der Ex-DDR: Wenn man nach oben duckt und nach unten tritt – Ausländerheime abfackelt, Punks zusammenschlägt, zum Baseball-Schläger greift... bekommt man qualifizierte Betreuung, Clubhäuser, Videoanlagen, fette Sachmittel, Reisen in die Sahara und die USA und dann auch noch eine gute Presse. In einigen Orten, in Eisenach z.B., gibt es nur noch Clubs und Gelder für Neonazis, für normale und linke Jugendliche gar nichts! Wenn letztere, wie in Kreuzberg, sich jedoch zusammenreißen und anfangen, nach oben, gegen Entmieter z.B., zu treten, dann organisiert und finanziert der Innensenator höchstselbst eine Bürgerabwehr-Truppe, die er auch noch ironisch „Solidarpakt der Opfer“ nennt.

Wurzel-Sepp Wieczorek, der sich erst, als West-„Linker“, an die Ost-Linken im Bezirksamt ranschleimte, macht jetzt, nach finanzieller Absicherung seines „Projekts“, ebenfalls Front gegen Punks und Antifas – und scheut dabei nicht vor dreisten Lügen zurück. In seinem „Praxisbericht“ für SPD-Jugendsenator Krüger schreibt er z.B. über eine Kreuzberger „Kampfdemo“ in Marzahn: „Die etwa 350 türkischen, ,autonomen‘ Jugendlichen waren mit Äxten, Schlagwerkzeugen und Pistolen gerüstet.“ Da stimmt nix: Ich war selber dort, es wurde nichts „zerstört“ und niemand „verängstigt“.

Seine Kurzzeit-Streetworker- Hilfskraft Inge setzte später in der FR noch einen drauf: „Die PDS organisiert Demos gegen die Wurzel.“ Das ist nun schier infam, denn ausgerechnet die PDS- Abgeordnete Bettina Pech half und hilft immer wieder Marzahner Skins, und auch die PDS- Stadträtin Margrit Barth unterstützt diesen Neonazi-Resozialisierungs-Luxusmuff geradezu selbstlos. Dabei hat sich an diesem Punkt mit der Wende nichts geändert: Wie Heiner Müller neulich ausführte, „wurden die Skinheads früher von der Stasi hofiert und gegen die Punks benutzt“. Diese Strategie wird jetzt von der hier herrschenden SPD- Sozialmafia bloß verfeinert. Helmut Höge

Wird fortgesetzt