Rosa-Luxemburg-Straße soll weg

■ Bezirk Mitte wehrt sich gegen Straßenumbenennungen

Die Karl-Marx-Allee soll aus dem Straßenverzeichnis verschwinden. Das jedenfalls will die von Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) eingesetzte Kommission für Straßenumbenennung. Gerhard Keil, Bürgermeister des Bezirks Mitte, will das nicht. „Die Bezirke sind selbst für die Umbenennungen der Straßennamen zuständig“, sagte er gestern auf einer Pressekonferenz. Die Empfehlungen der Kommission an die Bezirke hätten einen „zweifelhaften Charakter“. Für Volker Hobrack, SPD-Vorsitzender der Bezirksverordnetenversammlung Mitte, sind die Empfehlungen so zweifelhaft, daß er mittlerweile nicht mehr an den Sitzungen der Kommission teilnehmen will.

Für den weisungsberechtigten Verkehrssenator sind Namen wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Relikte aus DDR-Zeit. Für den auf Eigenverantwortung der Bezirke pochenden Bezirksbürgermeister sind diese Namen dagegen nicht von der deutschen Demokratiegeschichte zu trennen.

Anlaß für die neuerliche Diskussion um die Straßennamen ist ein Antrag der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Sie hatte vorgeschlagen, der Clara-Zetkin- Straße ihren historischen Namen Dorotheenstraße zurückzugeben. Außerdem solle eine der beiden nach Käthe Niederkirchner, einer von den Nazis ermordeten Widerstandskämpferin, benannten Straßen anders heißen.

Geht es nach der Kommission, sollen im Bezirk Mitte 13 Straßen umbenannt werden. Die SPD will nur eine Straße umbenennen – die Wilhelm-Pieck-Straße. Denn Pieck könne, so Keil, nicht als Vorkämpfer der Demokratie gelten. „Wir werden die Straße aber nur in Elsässer Straße rückbenennen, wenn vorher die Bewohner der Straße zustimmen“, sagte Keil gestern.

Diese Befragung hat die PDS, die an dem Straßennamen des Stalin-Gefolgsmannes Pieck festhalten will, schon durchgeführt. Angeblich sprachen sich die Anwohner für Beibehaltung des alten Namens aus.

Der Verkehrssenator will eine schnelle Entscheidung über die Umbenennung. Gerhard Keil pocht auf Föderalismus und will bezirkliche Kompetenz. Mit der Umbenennung könne man sich bis zum Frühjahr Zeit lassen, denn – so Keil – „Herr Kohl muß ja noch nicht jeden Tag durch die Wilhelm-Pieck-Straße gehen“. nik