■ Press-Schlag
: Warten auf Johan

„Tut er's – oder tut er's nicht?“

Die aus den Niederlanden importierte Spiele-Show hatte im deutschen Fernsehen nur einen mäßigen Erfolg. Beim Nachbarn ist diese Frage in aller Munde. Allerdings nicht als leicht-seichte Abendunterhaltung auf der Mattscheibe, sondern als Fußball-Diskussion ohne Ende. Es geht um Johan Cruyff, den sportlichen Direktor des FC Barcelona, und sein Versprechen, die niederländische Nationalmannschaft während der WM in den USA zu trainieren.

Mit Dick Advocaat als Coach sicherten Bergkamp, Wouters, Koeman und Co. die Qualifikation. „Der kleine Napoleon“, wie Advocaat genannt wird, hat seine Schuldigkeit getan, jetzt wartet alles auf Johan, allen voran Ruud Gullit, der unter Advocaat der Nationalmannschaft ade gesagt hatte, sich eine Rückkehr unter Cruyff jedoch gut vorstellen kann. Doch „Jantje“ ist einer, der sich nichts sagen läßt – schon gar nicht von Spielern: „Fußballspieler haben den Mund zu halten. Sie haben Fußball zu spielen – und nichts anderes“, meinte er noch kurz vor dem entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Polen. Das gilt natürlich nur, wenn der Spieler nicht Johan Cruyff heißt. Trainer, die in Barcelona „unter“ Cruyff an der Linie gestanden haben, wissen ein Lied davon zu singen. Der gute Hennes Weisweiler ist in Spanien daran gescheitert.

Gleichzeitig machte Cruyff deutlich, er werde nur dann Interimscoach in den USA sein, wenn er mit einer Mannschaft in die Staaten fahren könne, die Chancen auf den Titel habe. Fahren die Niederlande mit allen Stars, wäre alles nach Cruyffs Willen, also in die USA mit Gullit und Marco van Basten, der immer noch verletzt ist und von dem es heißt, er könne frühestens im Sommer, womöglich aber überhaupt nicht mehr spielen.

Ronald Koeman, Libero beim FC Barcelona, hat nach dem Erreichen der Endrunde in den USA gesagt, er gehe davon aus, daß Cruyff Bondscoach sein werde. Nach dem 3:1-Sieg in Polen hat sich Cruyff aber noch nicht zu Wort gemeldet. Im kleinen Kreis sah er sich beim spanischen Sender TV3 das Spiel an, zusammen mit seinem Assistenten bei Barça, Sohn Jordi und Schwiegersohn Jesus Angoy.

Wie groß die Hoffnungen sind, die man in den Niederlanden mit der Person Johan Cruyff verbindet, zeigt eine kleine Episode am Rande. Am 1.April dieses Jahres vermeldeten Barend & Van Dorp in der gleichnamigen Sportsendung von RTL4, Johan Cruyff wolle nun doch nicht Bondscoach werden. Erleichterung bei den aufgeschreckten Fernsehzuschauern erst am nächsten Tag. Der Beitrag war ein Aprilscherz. Daß Johan Cruyff bei diesem Spielchen mitgemacht hat, zeigt, wie sehr er die niederländische Fußballwelt in der Hand hat und wie gern er sie in Atem hält: Tut er's – oder tut er's nicht? Egon Boesten