Israelische Siedlerin getötet

Gleich zwei Palästinensergruppen bekennen sich zu dem Mord / Israelische Militärs und Fatah vereinbarten Beruhigung des Gaza-Streifens  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Unbekannte erschossen gestern in der Westbank eine israelische Siedlerin. Bei dem Angriff auf das Auto der Frau in der Nähe von Al Bireh wurden zwei weitere Siedler verletzt, einer davon schwer. Anschließend ging in Jerusalem bei einer internationalen Nachrichtenagentur ein Telefonanruf ein, in dem sich der bewaffnete Arm der islamistischen Hamas-Bewegung, Ezzedin el-Kassim zu dem Anschlag bekennt. Demnach sollte mit dem Attentat „der Mord an dem Märtyrer Imad Akel“ gerächt werden. Der Chef von Ezzedin el- Kassim war vor einer Woche im Gaza-Streifen von israelischen Soldaten getötet worden. In Damaskus erklärten dagegen Vertreter der „Demokratischen Front zu Befreiung Palästinas“ (DFLP), ihre Organisation stünde hinter dem Anschlag. Der Generalsekretär des israelischen Siedlerrats, Uri Ariel, kündigte nach dem Attentat an, die Siedler würden jetzt jeden Araber, der eine Waffe trage, als „potentiellen Terroristen“ betrachten und auf ihn schießen.

Am Dienstag hatten im Gaza- Streifen Vertreter der dortigen Fatah-Führung und des israelischen Militärs Schritte zur Beruhigung der Lage beschlossen. Seit einer Woche toben in dem Gebiet die schwersten Auseindersetzungen seit Unterzeichnung des „Gaza-Jericho-Abkommens“ am 13. September. Die Vertreter der von PLO-Chef Jassir Arafat geführten Fatah versprachen, die Kommandanten der Fatah-Falken – dem bewaffneten Flügel der Fatah – zu einem Waffenstillstand zu überreden. Nach palästinensischen Angaben erklärten sich die israelischen Militärs im Gegenzug bereit, keine Fatah-Falken mehr anzugreifen, es sei denn, es handele sich um gesuchte Mörder.

Zwischen der PLO-Führung und der israelischen Regierung war in den letzten Wochen ausgehandelt worden, daß von den Israelis gesuchte Fatah-Mitglieder, von den Fahndungslisten gestrichen werden, wenn sie sich bei den israelischen Behörden melden. In den Gesprächen am Dienstag sollen die Militärs garantiert haben, siebzehn gesuchte Fatah-Falken, die sich bisher nicht bei den Militärbehörden gemeldet haben, weil sie dem Angebot nicht trauten, zu amnestieren. Über das Schicksal jener Fatah-Falken, denen Morde zur Last gelegt werden, sollen weitere Verhandlungen geführt werden.

Des weiteren wurde vereinbart, die israelischen Truppen an bestimmten Stellen im Gaza-Streifen ab sofort zu reduzieren. Einige Straßensperren und verschiedene Kontrollposten der Armee wurden bereits gestern abgeschafft. Angeblich sprachen die israelischen Offiziere gegenüber den Fatah-Vertretern so etwas wie Bedauern über die „unnötige Erschießung“ des Fatah-Falken Ahmed Abu Risch am vergangenen Sonntag aus. Abu Risch war einer der Fatah-Falken, die dem Amnestieangebot vertraut und die Waffen gestreckt hatten.

Beobachter rechnen jetzt mit einer Reihe von „Gesten des guten Willens“ sowohl von der PLO- Führung als auch den israelischen Behörden. Zu erwarten steht eine baldige Freilassung eines Teils der in israelischen Gefängnissen sitzenden Palästinenser. PLO-Chef Arafat soll der israelischen Regierung versprochen haben, bei der Suche nach seit dem Libanonkrieg 1983 vermißten israelischen Soldaten behilflich zu sein.