■ Mit AKW-Gegnern auf du und du: Hoffies Biblis-Trauma
Frankfurt/Main (taz) – Mit einer radikalen Kritik am größten deutschen Stromkonzern RWE hat sich der liberale Ex-Minister Klaus-Jürgen Hoffie zurückgemeldet. Weil die Rheinisch- Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) dem Mann vor mehr als zehn Jahren den nie gebauten Block C in Biblis als „energie- und sicherheitspolitisch unverzichtbar“ verkauften, fühlt sich Hoffie heute verschaukelt. Hoffie war zu jener Zeit hessischer Wirtschaftsminister im sozialliberalen Kabinett von Ministerpräsident Holger Börner. Nun hat der FDP- Politiker die Fronten gewechselt und macht sich für die Stillegung des Blocks A stark.
Damals, so erinnert sich Hoffie heute, habe das RWE argumentiert, der älteste Reaktorblock in Biblis sei in zehn Jahren schrottreif und müsse durch einen neuen Meiler ersetzt werden. Das leuchtete Hoffie ein – und er trieb das Genehmigungsverfahren für den Block C in Rekordzeit bis zur Entscheidungsreife. Gebaut wurde der Reaktor letztendlich nur deshalb nicht, weil Börners Sozialdemokaten bei dem atomaren Gesamtkonzept nicht mehr mitspielen wollten.
Jetzt ist der Tag X da, der erste Meiler von Biblis ist zehn Jahre älter geworden – und Hoffie plagt nun eine panische Angst vor diesem „unsäglich schrottreifen“ Reaktor. Biblis A müsse „umgehend abgeschaltet“ werden, verlangt Hoffie, der südhessischer FDP-Vorsitzender ist, deshalb in einem Brief vom amtierenden Wiesbaderer Umwelt- und Reaktorsicherheitsminister Joschka Fischer. Denn der von RWE vor zehn Jahren ins Feld geführte „Versprödungsprozeß des Kraftwerksmantels“ bei den Meilern A und auch B müsse nach den Prognosen von RWE inzwischen das Endstadium erreicht haben.
Aus den Verschleißerscheinungen folgerte der Ex-Minister messerscharf: Entweder sei wegen des Ablaufs der Zehn- Jahres-Frist die sofortige Betriebseinstellung geboten. Oder aber die RWE habe ihn damals unter falschen Prämissen in ein Genehmigungsverfahren getrieben. So, argumentiert Hoffie, dürfe sich eine Landesregierung nicht vorführen lassen.
Die RWE-Stromer jedenfalls wollen heute von einer Zehn- Jahres-Frist bei den eigenen Reaktoren nichts mehr wissen. Und „Versprödungsprozesse“ – so die Konzernleitung – seien nur an Reaktoren sowjetischer Bauweise festzustellen. Das will Hoffie so nicht im Raum stehen lassen. Auf sein Drängen hin wurden die Freidemokraten in Südhessen aktiv: Im Februar sollen im Rahmen eines öffentlichen Hearings das Thema Biblis „und die damit zusammenhängenden Entscheidungsprozesse“ aufgearbeit werden. kpk
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